«Das ist ein Meilenstein», sagt Bundeskanzlerin Angela Merkel zum neuen Integrationsgesetz, das die Regierung verabschiedet hat und nun vom Bundestag bestätigt werden muss. Von einem «echten Paradigmenwechsel» im Vergleich zur deutschen Einwanderungsgeschichte der letzten Jahrzehnte spricht Vizekanzler Sigmar Gabriel.
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Mit gezielten Angeboten zur Eingliederung auf der einen Seite und mehr Strenge für Integrationsverweigerer auf der anderen will die deutsche Regierung den Flüchtlingsandrang bewältigen. Das Integrationsgesetz sei ein erster Schritt Richtung Einwanderungsgesetz, so Gabriel.
«Fördern und Fordern»
Das von der Regierung verabschiedete Gesetz soll Flüchtlingen den Einstieg in den Arbeitsmarkt erleichtern. Zugleich werden sie bei der Integration aber auch in die Pflicht genommen.
Konkret will das Gesetz den Flüchtlingen die Aufnahme einer Ausbildung erleichtern. Im Gegenzug werden sie zu Integrationskursen verpflichtet. Bei Verstoss drohen Kürzungen bei den Sozialleistungen.
Staat kann Flüchtlingen Wohnort vorschreiben
Vor der Kabinettsentscheidung hatten Union und SPD letzte Streitpunkte bei den Wohnsitzauflagen und der unbefristeten Niederlassungserlaubnis für schutzberechtigte Migranten beigelegt. Die sogenannte Wohnsitzzuweisung sieht vor, dass der Staat anerkannten Flüchtlingen künftig unter bestimmten Bedingungen für einen Zeitraum von drei Jahren den Wohnort vorschreiben kann.
Eine unbefristete Niederlassungserlaubnis in Deutschland sollen Flüchtlinge in Zukunft nur noch dann bekommen, wenn sie ausreichende «Integrationsleistungen» vorweisen können.
Nicht alle sind erfreut
Das Gesetz wird in Deutschland auch kritisiert: «Man kann Menschen nicht zwangsweise und administrativ von ihrer Community absondern» sagt etwa Rolf Rosenbrock. Er ist Präsident des Paritätischen Gesamtverbandes, eines Sozialverbands. Dies helfe niemandem «und auch nicht der Integration».
Zwar bringt das Gesetz deutliche Verbesserungen, aber es bleiben Probelme bestehen: Zwar müssten alle Ausländer Sprach- und Integrationskurse besuchen, doch könne der Staat die immense Nachfrage danach gar nicht erfüllen, moniert etwa die Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor, die sich mit Integration befasst.
Und: Auch wenn die Asylbewerber alle Forderungen erfüllten, blieben sie die anderen, die mit eingeschränkten Rechten, sagt Kaddor: «Man sagt: Du musst das und das und das machen – und bist trotzdem nicht erwünscht.»
Akzeptanz in Deutschland gegeben
Das Gesetz fordere von den Flüchtlingen einiges ab, sagt SRF-Korrespondent Adrian Arnold, sogar viel mehr als in anderen Ländern Europas. «Es liest sich an vielen Stellen auch wie ein Strafkatalog, denn es ist sehr scharf formuliert.»
Aber die deutsche Regierung habe mit dem «Fördern und Fordern» einen Weg gewählt, den die meisten Deutschen mittragen könnten. «Auch jene, die sozial benachteiligt sind und in den Flüchtlingen Konkurrenten sehen im deutschen Sozialsystem und auf dem Arbeitsmarkt», erklärt Arnold.