Seine erste Reise führt zu den Flüchtlingen: Papst Franziskus hat auf der Insel Lampedusa die Gleichgültigkeit gegenüber dem Schicksal von Migranten angeprangert. In einem dramatischen Appell rief er heute zu mehr Solidarität mit den verzweifelt Hilfesuchenden auf.
Unsere Wohlstandskultur führe dazu, «dass wir nur an uns selbst denken, sie macht uns gefühllos dem Aufschrei der Anderen gegenüber, lässt uns in schönen Seifenblasen leben», rief der Papst in einer Messe auf dem Sportplatz der italienischen Insel aus. Vor etwa 10'000 Migranten und Inselbewohnern forderte er die Abkehr von einer «Globalisierung der Gleichgültigkeit».
Der Tod von Migranten bei einer Überfahrt stecke wie ein schmerzender «Dorn im Herzen», sagte Franziskus. Der Mensch sei orientierungslos geworden, er kümmere sich nicht mehr um den Anderen. Gott müsse um Vergebung für diese Gleichgültigkeit gebeten werden. Er werde die Menschen auch danach beurteilten, wie sie die Armseligsten behandelten, schrieb Franziskus nach der Messe über Twitter.
«Und wenn diese Orientierungslosigkeit weltweite Ausmasse annimmt,
dann kommt es zu solchen Tragödien», so der Papst. Zur Grausamkeit in
der Welt trügen dabei auch jene bei, die soziale und wirtschaftliche
Weichen stellten, die den Weg zu dramatischen Schiffbrüchen ebneten.
Mut zugesprochen
Zunächst hatte das Kirchenoberhaupt der Katholiken für die vielen Menschen gebetet, die bei den Flüchtlingskatastrophen im Mittelmeer ums Leben gekommen sind. Von einem Patrouillenboot der italienischen Küstenwache aus legte der Papst einen Kranz für die Menschen im Meer ab, die die Überfahrt von Nordafrika nicht überlebt hatten.
Auf der Mole von Lampedusa angekommen, sprach der Papst den auf ihn wartenden Flüchtlingen Mut zu. «Ich bete für euch und für alle, die nicht bis hier her gekommen sind», sagte er. In den vergangenen Wochen waren wieder Hunderte Migranten auf der Insel vor Sizilien gestrandet.
Die nur etwa 20 Quadratkilometer grosse Insel, zwischen Tunesien und Sizilien gelegen, ist seit vielen Jahren Ziel von Armutsflüchtlingen vor allem aus Afrika. Von 1999 bis 2012 sind über 200'000 Menschen auf Lampedusa angekommen.
Nach Schätzungen kamen in den vergangenen 25 Jahren rund 19'000 Migranten bei der oft gefährlichen Überfahrt in wenig seetauglichen Booten ums Leben. Auch am Tag des päpstlichen Besuches auf Lampedusa ortete die Küstenwache dort ein Boot mit 166 Migranten.
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Bild 1 von 7. Lampedusa liegt ca. 200 km von Sizilien entfernt. Nach Tunesien sind es nur 130 Kilometer. Für afrikanische Flüchtlinge ist die italienische Insel deshalb erstes Ziel auf dem Weg nach Europa. Dort werden sie schon von den Behörden erwartet. Bildquelle: Keystone.
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Bild 2 von 7. Die Schiffe der Flüchtlinge sind meist alte Kähne und hoffnungslos überfüllt. Die gefährliche Überfahrt nehmen dennoch jährlich Tausende von Menschen in Kauf. Bildquelle: Keystone.
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Bild 3 von 7. Nicht alle erreichen das erhoffte Ziel. Auf den Überfahrten kommt es häufig zu Todesfällen wegen Durst. Im August 2011 sollen bei einer solchen Fahrt an die hundert Kinder und Frauen verdurstet sein. Die Leichen seien einfach über Bord geworfen worden. Bildquelle: Reuters.
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Bild 4 von 7. Häufig erreichen die Flüchtlinge Lampedusa völlig entkräftet. Sie sind auf direkte medizinische Hilfe angewiesen. Bildquelle: Keystone.
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Bild 5 von 7. Die Behörden untersuchen die Mitbringsel der Flüchtlinge, bevor sie in die Flüchtlingslager gebracht werden. Bildquelle: Reuters.
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Bild 6 von 7. Auf Lampedusa gibt es zwei Flüchtlingslager. Ein grosses im Osten und ein kleineres im Westen der Insel. Die Zahl der Flüchtlinge auf Lampedusa übersteigt häufig die Einwohnerzahl Lampedusas (4500 Menschen). Bildquelle: Reuters.
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Bild 7 von 7. Im April 2011 zündeten Flüchtlinge ihr Lager an. Sie protestierten damit gegen die Abschiebung von 50 Tunesiern in ihr Heimatland. Bildquelle: Reuters.