Wo das Klima extrem ist, wie in der kanadischen Arktis-Hauptstadt Iqaluit, ist der Wetterbericht Pflichtprogramm: «Leicht bewölkt, minus zwölf Grad.» Ein verhältnismässig milder Apriltag erwartet die Minister des Arktischen Rates.
Die wenigen Menschen, die sich nach draussen wagen, stapfen noch durch Schnee und Eis. Iqaluit ist die meiste Zeit des Jahres unwirtlich und das ganze Jahr über hässlich: triste Zweckbauten, offene Mülldeponien, kein grüner Zweig weit und breit.
Bis 26 Grad im Hochsommer
Dennoch ziehen immer mehr Menschen hierher. Überall wird gebaut, die Einwohnerzahl verdoppelte sich in wenigen Jahren auf 7000. Denn «es wird eben doch allmählich wärmer in Iqaluit», sagt Elisapee Sheutiapik. Sie war hier lange Bürgermeisterin. Bis auf 26 Grad steige das Thermometer im Hochsommer neuerdings. Als sie klein war, habe es das nie gegeben.
In der Arktis ist die weltweite Klimaerwärmung besonders spürbar. Das Eis schmilzt, der hohe Norden wird zugänglicher für den Tourismus, Handelsschiffe und die Rohstoffindustrie. So wurde aus dem Nest, in dem Sheutiapik aufwuchs, eine kleine Boomtown, in der nun gar ein Ministertreffen stattfindet.
Schlecht integrierte Zuwanderer
Der beginnende Arktisboom schaffe gut bezahlte Stellen, sagt Lokaljournalist Kent Driscoll. Doch viele der Neuankömmlinge lebten gar nicht wirklich hier. Sie blieben Fremdkörper für die Gemeinschaft der Inuit, arbeiteten bloss und verschanzten sich privat in spritfressenden Geländewagen und vor dem Satellitenfernseher.
Genau mit dem Boom und seinen Konsequenzen befassen sich die Minister am Freitag und Samstag. Manches sei positiv, räumt Paul Irngaut ein. Er lobbyiert für die eingeborene Bevölkerung. Die beginnende Ausbeutung der Bodenschätze schaffe Arbeitsplätze. Aber sie und ganz generell die Klimaerwärmung würden die traditionelle, auf Jagd und Fischfang basierende Lebensform der Inuit gefährden.
Unbeliebte Umweltorganisation
Farah Khan ist Vertreterin von Greenpeace und lebt im fernen Süden Kanadas. Sie fordert vom Arktischen Rat, mehr auf eine nachhaltige Entwicklung des hohen Nordens zu achten.
Doch viele Einheimische hassen die Umweltorganisation, weil sie ihnen vor Jahren das Geschäft mit Robbenfellen zunichte gemacht hat. Greenpeace habe Existenzen zerstört, lautet der Vorwurf.
Und auch wenn Jeff Rush von der Tourismusförderung von immer mehr Besuchern schwärmt, widersprechen viele. «Ja, es gibt neue Chancen, aber auch neue Probleme», sagen die meisten. Die Wohnkosten in Iqaluit explodierten, auf einmal gebe es Kriminalität, der neue, nordische «Goldrausch» weiche soziale Strukturen auf, sagt Jim Bell, Chefredaktor der Lokalzeitung.
Die Welt und ihre Probleme rücken an Iqaluit heran. Es gibt daher gute Gründe die Minister der Arktis-Staaten gerade hier zu versammeln.