Zum ersten Mal seit 16 Jahren ist die Linke von Venezuelas Staatspräsident Nicolás Maduro im Parlament in der Minderheit. Nun verkörpert die Opposition mit ihrer parlamentarischen Zweidrittelsmehrheit ein Gegengewicht zur Exekutive, die bislang ohne Rücksicht auf Gewaltentrennung regiert hat.
Dank der qualifizierten Mehrheit können die Bürgerlichen Misstrauensvoten gegen Minister und Vizepräsidenten verabschieden, die Verfassung ändern oder ein Referendum zur Absetzung von Präsident Maduro auf den Weg bringen.
Die Nerven liegen blank
Bei der Regierung und im Lager ihrer Anhänger liegen nun die Nerven blank. Man werde das konterrevolutionäre Parlament zu stoppen wissen, drohen paramilitärische Gruppen, die noch Maduros Vorgänger Hugo Chávez bewaffnet hatte.
Auf Drängen der Regierung kassierte das Oberste Gericht inzwischen drei oppositionelle Parlamentsmandate. Wahlfälschung und Stimmenkauf seien im Spiel gewesen. Die Koalition der 20 Oppositionsparteien verlangt, dass die Streitkräfte den Wählerwillen garantieren und am Dienstag alle 112 ihrer Abgeordneten vereidigt werden können.
Anzeichen für Dialogbereitschaft zwischen dem Regierungs- und dem Oppositionslager gibt es bis jetzt keine. Damit wächst die Gefahr, dass sich die politische Auseinandersetzung in Venezuela von den Institutionen auf die Strasse verlagert.