Über 50 Millionen Ägypten sind aufgerufen einen neuen Präsidenten zu wählen. Die Bilanz nach dem ersten Tag ist überraschend: Nur 10 Millionen Menschen haben bislang ihre Stimme abgegeben. Doch auch der dritte Wahltag bringt nicht die gewünschte Mobilisierung der Massen. Aus der Wahlkommission verlautete, bis zum Ende des zweiten Wahltages hätten etwa 40,8 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben.
Die Menschen in Ägypten seien wahlmüde, sagt SRF-Korrespondent Philipp Scholkmann aus Kairo. «Das ist der sechste Urnengang seit dem Tahir-Umsturz und die Leute sagen sich: «Es braucht meine Stimme gar nicht, Sisi wird sowieso gewählt.›»
Angesichts der geringen Resonanz wurde die Präsidentenwahl um einen Tag auf drei Tage verlängert. Das berichtete das Staatsfernsehen am Dienstag wenige Stunden vor dem Ende des zweiten Wahltages. Begründet wurde die Verlängerung mit der Hitze. Doch der wahre Grund, so Scholkmann, sei ein anderer: «Im Lager von al-Sisi geht die Angst um, dass der General das starke Mandat, das er sich vom Volk erhofft, verfehlen könnte.» Deshalb scheine den Behörden praktisch jedes Mittel recht.
Zur Abstimmung – der ersten Präsidentenwahl seit der Entmachtung des Islamisten Mohammed Mursi im Juli 2013 – waren nur zwei Kandidaten angetreten. Der ehemalige Militärchef Abdel Fattah al-Sisi und der Linkspolitiker Hamdien Sabahi, der bei der letzten Präsidentenwahl 2012 Dritter geworden war.
Zuwenig über Demokratie und Freiheit gesprochen?
Die al-Sisi-treuen Medien haben für die Wahl laut dem Korrespondenten noch einmal recht aggressiv die Werbetrommel gerührt. «Wer nicht wählen gehe, sei ein Landesverräter, schrieben sie», sagt Scholkmann. Denn al-Sisi laufe nun Gefahr, mit weniger Stimmen zum Präsidenten Ägyptens gewählt zu werden als seinerzeit Mohammed Mursi. «Das wäre eine Schmach. Denn al-Sisi hat Mursi gestürzt.» Die Muslimbrüder, die zum Boykott der Wahl aufgerufen haben, sehen sich schon bestätigt.
Im Lager des künftigen Präsidenten überlege man sich nun, ob sich al-Sisi vielleicht überschätzt habe und ob es ein Fehler war, so offen mit Leuten aus dem Mubarak-Regime zusammenzuarbeiten, sagt Scholkmann. Man fragt sich auch, ob der General mehr hätte tun müssen, um auch die jungen, ehemaligen Tahir-Revolutionäre zu erreichen. «Hätte er nicht nur von Ruhe und Ordnung im Wahlkampf reden sollen, sondern auch von Demokratie und Freiheit?»