Der griechischen Regierung droht das Geld auszugehen: Sie hat eine Liste mit geplanten Reformen in Brüssel abgegeben und hofft, Brüssel werde ihr noch rechtzeitig die dringend benötigte Finanzhilfe gewähren. «Jetzt geht es um mehr als nur um Griechenland», sagt der deutsche Ökonom Otmar Issing.
Issing war acht Jahre lang Chefökonom der Europäischen Zentralbank (EZB): 2006 trat er turnusgemäss zurück. Seither kann er befreiter kommentieren, was er von den Vorgängen in der Eurozone hält. Das tat er etwa am Freitag an einer Tagung in Zürich. Das derzeitige Tauziehen zwischen Athen und Brüssel sei eine Weichenstellung für die Währungsunion: «Wird ein Land wie Griechenland sich den gemeinsamen Regeln fügen – und dann hilft man ihm weiter und es darf dabei bleiben – oder bleibt es im Euro, obwohl es die Regeln laufend verletzt», sagt Issing.
Stärke der Gemeinschaftswährung bedroht
Letztlich sei das eine politische Entscheidung. Sollte die Eurozone entscheiden, dass Griechenland im Euro bleiben könne, obwohl sich das Land bisher nicht an die Abmachungen gehalten habe, dann sei das gefährlich, warnt der 79-jährige Deutsche: «Dann ist es eine Frage der Zeit, bis in anderen Ländern ähnliches geschieht. Dann werden die Spanier sagen,‹warum haben wir uns mit unseren Reformen, die tief eingeschnitten haben, so angestrengt und diese ganzen Schwierigkeiten auf uns genommen, wenn es auch anders geht?›.»
Issing sagt deshalb, dieses Mal gehe es um die Frage, wie stark die europäische Gemeinschaftswährung künftig sein werde. Der ehemalige europäische Notenbanker ist zwar überzeugt, dass der Euro fortbestehen wird. Die Frage sei nur, welche Staaten künftig dazugehören würden. Doch statt über die künftigen Euro-Mitglieder zu spekulieren, sagt Issing kurz und knapp: «Die Entscheidung darüber, wie die Währungsunion der Zukunft aussieht, die fällt jetzt.»