Die Steuerflucht in die Schweiz ist ein gravierendes Problem für Griechenland. Das steht ausser Zweifel. Doch wie viel griechisches Schwarzgeld tatsächlich auf Schweizer Konten liegt, weiss niemand. Zuverlässige Angaben dazu können auch die Griechen nicht machen.
Staatssekretär Jacques de Watteville hat dazu heute von seinen Gesprächspartnern in Athen keine neuen Informationen bekommen. Das liege auch am komplizierten Steuergesetz in Griechenland, sagt er, denn dort gebe es viele Ausnahmen. «Zum Beispiel bei den Reedereien gibt es viele Ausnahmen. Sie können ganz legal keine Steuern bezahlen.»
Die Statistiken der Schweizerischen Nationalbank seien ebenfalls lückenhaft. «Diese Zahlen sind interessant, aber sie helfen nicht zu erfahren, wie hoch das Potential für die Steuern ist.»
Lösung ist dringend nötig
Klar ist hingegen, dass nach Ausbruch der Finanzkrise die Steuerflucht aus Griechenland zugenommen hat. Und je unsicherer die Lage, desto dringender ist für Athen eine Lösung.
Im Vordergrund steht deshalb nun ein Programm zur Selbstanzeige. So könnten vermögende Griechen mit dem heimischen Fiskus ins Reine kommen. Und die Schweiz hätte den Vorteil, dass die hier verwalteten Vermögen im Land bleiben und nicht in eine ausländische Steueroase abfliessen. Damit ist auch erklärt, warum die Schweiz so eifrig kooperiert.
Staatssekretär de Watteville sagt denn auch ganz klar: Die Schweiz könne bei einem solchen Programm behilflich sein. Und zwar noch bevor in zwei, drei Jahren der automatische Informationsaustausch in Steuersachen mit der gesamten EU beginnt. «Wir haben Erfahrungen gemacht mit anderen Staaten. Wir sind bereit, diese Erfahrungen weiterzugeben und auf dieser Basis zu schauen, was gut für Griechenland wäre.»
Es könnte rasch vorwärtsgehen
Nun kommt Schwung in die Angelegenheit, die zuvor Jahre lang unerledigt auf dem Tisch lag. Ein Programm zur Deklaration griechischer Steuerfluchtgelder in der Schweiz könne sehr rasch aufgesetzt werden, sagt de Watteville: «Wenn es ein gutes Regularisierungsprogramm gibt, kann es in einigen Monaten beginnen.»
Gleich nach seiner Rückkehr nach Bern werde er mit Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf das weitere Vorgehen besprechen, sagte der Staatssekretär heute am Telefon auf dem Weg zum Flughafen Athen.
Viel hängt nun davon ab, ob die neue griechische Regierung ernst macht und ihre vermögenden Steuerpflichtigen rasch an die Kandare nimmt. Eine Lösung scheint noch in diesem Jahr möglich. Sie käme kein bisschen zu früh für das finanziell schwer angeschlagene Land.
Der Vorteil für die Schweiz wäre, dass sie nicht länger im Rampenlicht als Fluchtort für unversteuerte griechische Gelder stünde. Die Schweizer Banken könnten weiterhin mit griechischen Kunden im Geschäft bleiben, ohne dabei in Verruf zu geraten.