Das Dorf Mpeketoni hat sich noch nicht vom blutigen Überfall erholt, da folgt ein neuer Angriff. Über ein Dutzend Einwohner wurden brutal ermordet. Die Zeitung «Daily Nation» bezifferte die Zahl der Opfer auf 15 – unter Berufung auf Sicherheitskreise. Unter den Toten seien auch zwei Polizisten, hiess es.
Kenyatta versucht zu beschwichtigen
Die Extremisten hatten bereits in der Nacht zuvor 49 Menschen in Mpeketoni getötet. Al-Shabaab nannte als Grund die Entsendung kenianischer Soldaten nach Somalia, wo das Militär gegen die Miliz vorgeht. Zudem sei der Angriff eine Reaktion auf die Tötung muslimischer Schüler ohne Gerichtsverfahren in Kenia.
Al-Shabaab hatte sich im vergangenen September auch zu einem Anschlag auf ein Einkaufszentrum in der Hauptstadt Nairobi mit 67 Toten bekannt. In den vergangenen Monaten kam es ausserdem zu zahlreichen Anschlägen, vor allem in einem somalisch geprägten Stadtteil Nairobis und an der Küste rund um Mombasa. Dutzende Menschen kamen ums Leben.
Sicherheitskräfte in desolatem Zustand
Präsident Uhuru Kenyatta sagte im Fernsehen, al-Shabaab habe nichts mit den jüngsten Überfällen zu tun. Er sprach von Gewalt gegen seine Volksgruppe der Kikuyu. «Es handelt sich nicht um einen Terrorangriff der Al-Shabaab», sagte er. Damit widersprach er überraschend der Islamistenmiliz aus Somalia. Diese hatte zuvor die Verantwortung für das Blutbad am Sonntag übernommen hatte.
Kenyatta habe keine Beweise für seine Behauptungen vorgelegt, sagt SRF-Afrikakorrespondent Patrik Wülser. «Aber er hat sicher ein grosses Interesse daran, die Anschläge als innenpolitisches Problem darzustellen und von al-Shabaab und Somalia abzulenken.» Dort führt Kenia Krieg gegen die Islamisten. Diese hatten wiederholt damit gedroht, die Gewalt im Gegenzug nach Kenia zu bringen. Seither häufen sich die Anschläge.
Dem haben die kenianischen Sicherheitskräfte wenig entgegenzusetzen: «Die Polizei ist in einem höchst desolaten Zustand», sagt der Korrespondent. Sie sei schlecht ausgerüstet und könne teilweise nicht ausrücken, weil Benzin fehle. «Diese Behörde kann die Sicherheit der Bevölkerung längst nicht mehr gewährleisten.» Damit gerate auch Präsident Kenyatta, der seit einem Jahr im Amt ist, zunehmend unter Druck, so Wülser.
Viel hängt vom Tourismus ab
Vor allem die Tourismusbranche leidet unter dem Terror. Die Regierung spielt zwar die Gefahr für Urlauber herunter, aber die verschärften Reisehinweise westlicher Länder sprechen eine andere Sprache. Innert eines Jahres seien die Buchungen um 50 Prozent zurückgegangen, sagt Wülser. Das sei eine Katastrophe für die Region an der Küste Kenias. «Wenn der Tourismus kollabiert, gibt es gar nichts mehr.»
Dies könne dazu führen, dass immer mehr junge, arbeitslose Männer in die Arme von Hasspredigern getrieben werden. In Kenia würden Kommentatoren bereits von einer «Nigerianisierung Kenias» sprechen. «Alles in allem ist es eine sehr bedenkliche Entwicklung der Lage in diesem Land hier», ist Wülser wenig zuversichtlich.