Beim Anschlag auf eine Hochzeitsfeier im Südosten der Türkei sind nach jüngsten Angaben der Behörden mindestens 50 Menschen getötet worden. 69 weitere Gäste seien bei dem Bombenattentat am Samstagabend in der Provinzhauptstadt Gaziantep verletzt worden.
Nach Angaben von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan wurde der Anschlag von einem Kind zwischen 12 und 14 Jahren verübt. Es habe sich um ein Selbstmordattentat gehandelt, zeigte sich Erdogan nach Angaben der Nachrichtenagentur Anadolu sicher.
«Täter versuchen zu provozieren»
Ein Abgeordneter der Regierungspartei AKP, Samil Tayyar äusserte gegenüber der Nachrichtenagentur Dogan die Vermutung, dass hinter dem Anschlag die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) steht, die jenseits der nahen Grenze in Syrien weite Gebiete beherrscht.
Anadolu verbreitete eine Stellungnahme Erdogans, wonach die Täter das türkische Volk zu «provozieren versuchen», indem sie «ethnische und religiöse Empfindlichkeiten» für ihre Zwecke nutzten. Er mache dabei keinen Unterschied zwischen der kurdischen Untergrundorganisation PKK, der Bewegung des Islam-Predigers Fetullah Gülen und dem IS.
«Ein offizielles Bekenntnis des IS wäre eine offene Kriegserklärung»
SRF-Korrespondentin Ruth Bossart erachtet es als sehr plausibel, dass die Terror-Organisation Islamischer Staat hinter dem Anschlag steckt. Es sei eher undenkbar, dass die kurdische Arbeiterpartei PKK eine kurdische Hochzeitsgesellschaft angreife.
Im grenznahen Gazientep würden zudem viele Flüchtlinge leben, darunter auch IS-Anhänger. «Ein Merkmal von IS-Anschlägen ist aber auch, dass sie von Selbstmordattentätern ausgeführt werden und dass möglichst viele Zivilisten getroffen werden sollen, so wie an dieser Hochzeit. Dass ausgerechnet eine kurdische Hochzeit attackiert worden ist, kann auch als Warnung an die Kurden verstanden werden, denn sie gelten als die effektivsten Kämpfer gegen den IS – auch im Norden von Syrien», erklärt Bossart.
Dass sich der IS bisher nie zu Anschlägen in der Türkei bekannt hat, könne daran liegen, dass der IS eine offene Konfrontation mit der türkischen Regierung vermeiden wolle. Das Land spiele eine zu wichtige Rolle in der Logistik der Terro-Miliz, sagt Bossart. «Ein offizielles Bekenntnis wäre eine offene Kriegserklärung an die Türkei.»
Chaotische Szenen
Am Anschlagsort herrschten in der Nacht chaotische Zustände. Zahlreiche Krankenwagen rasten in das betroffene Stadtvierte. In sozialen Medien sind Videos zu sehen, wie Menschen mit der Taschenlampenfunktion ihres Smartphones nach verletzten Freunden und Angehörigen suchen.
Die Hochzeitsfeier fand nach Medienberichten unter freiem Himmel nahe der Grenze zum Bürgerkriegsland Syrien statt. In diesem Teil Gazianteps wohnen hauptsächlich Kurden. Im Südosten der Türkei operiert die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK. Auch die Terrormiliz IS hat in der Region schon mehrfach Anschläge verübt.
Kurdisches Familienfest
Die kurdische Partei HDP teilte nach dem Anschlag mit, unter den Todesopfern seien mehrere Kinder. «Wir verurteilen und verdammen diejenigen, die diese Attacke verübt haben, und die Kräfte und Ideologien hinter ihrem Handeln», erklärte die drittgrösste Partei im türkischen Parlament in einer Stellungnahme.