SRF: Wie sieht ihr Alltag aus und was hat sich in den vergangenen Monaten verändert?
Esther Mira: Wir bekommen nur noch mit grosser Mühe Fleisch für unsere Restaurantgäste. Viele unserer Lieferanten haben nichts mehr, da die Ware aus Deutschland und Holland importiert wurde. Zudem müssen wir alles direkt zahlen, es geht nichts mehr auf Rechnung. Ware gegen Bares – so funktioniert es heute. Zum Glück zahlen viele unserer Gäste nicht mit Karte. So verfügen wir immer über Bargeld, um Produkte sofort zu bezahlen. Unsere Angestellten bekommen ihren Tageslohn immer am Abend ausbezahlt. So kommen auch sie über die Runden.
Und die langen Schlangen vor den Banken?
Die gibt es bei uns auch. Mein Mann und ich gehen nicht mehr zur Bank, wir verstecken unser Geld Zuhause. Wir geben nur das Nötigste aus und sparen, wo es nur geht. Unsere Zukunft ist unsicher. Zudem kommt es in vielen Geschäften zu Hamsterkäufen. Die Griechen haben Angst, dass Zucker, Mehl und Pasta irgendwann nicht mehr erhältlich sind.
Wie nehmen Sie die Politiker wahr?
Seit Wochen schaue ich keine TV-Sendung mehr, informiere mich hauptsächlich aus Zeitungen. Ich ertrage die ewigen Diskussionen am Fernsehen nicht mehr, wo einer dem anderen die Schuld für die Misere in die Schuhe schiebt.
Was brauchen die Griechen zur Zeit am meisten?
Unterstützung aus dem Ausland, in welcher Form auch immer. Wir hier auf der Insel leben vom Tourismus. Wir hoffen inständig, dass unsere Gäste weiterhin kommen und uns treu sind. Sonst wird es wirklich schlimm. Wir brauchen den Tourismus mehr denn je. Mich ärgert übrigens auch das Klischee der faulen Griechen – die Mehrzahl im Land arbeitet hart. Unsere Führungsklasse hat uns dieses Schlamassel eingebrockt. Wir zahlen nun dafür. Das schmerzt.
Was ist Ihre grösste Angst?
Dass uns der Treibstoff ausgeht. Es wäre eine Katastrophe, wenn keine Schiffe und Flugzeuge mehr kämen.
Möchten Sie in die Schweiz zurück?
Es gibt Momente, in denen ich meinen sicheren Job und das geregelte Einkommen vermisse. Aber trotz allem lebe ich gerne auf Paros. Solange es mir gut geht und ich gesund bin bleibe ich.
Das Gespräch führte Andrea Christener