Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hat sich wegen des mutmasslichen Abhörens ihres Diensthandys durch den US-Geheimdienst NSA empört gezeigt. «Das Ausspähen von Freunden geht gar nicht», sagte Merkel vor dem EU-Gipfel in Brüssel.
«Wir brauchen Vertrauen unter Verbündeten und Partnern. Und solches Vertrauen muss jetzt wieder neu wiederhergestellt werden.» Die USA und Deutschland seien Partner, die vor gemeinsamen Herausforderungen stünden, aber dazu brauche es Vertrauen.
Das Ausspähen unter Freunden sei gegenüber niemandem legitim. «Das gilt für jeden Bürger und jede Bürgerin in Deutschland. Dafür bin ich als Bundeskanzlerin auch verantwortlich, das durchzusetzen.»
Konsequenzen gefordert
Die Affäre wurde auch am EU-Gipfel thematisiert. «Ich denke, dass wir das teilweise im (Europäischen) Rat diskutieren werden», sagte die litauische Staatspräsidentin Dalia Grybauskaite in Brüssel. Litauen führt derzeit die EU-Ratspräsidentschaft.
Telefonate und SMS
In deutschen Regierungskreisen wurde von einem schweren und ungeheuerlichen Vorfall gesprochen. Das betroffene Handy von Angela Merkel wird nun von Experten auf Geheimdienst-Angriffe untersucht.
Es sei nicht klar, was genau ausspioniert worden sei. Es spreche aber manches dafür, dass es um Telefonate und möglicherweise auch SMS-Kurzmitteilungen gehe. Dies sei aber schwer nachzuweisen, weil solche Aktionen keine Spuren hinterliessen.
Deutsche Sicherheitsbehörden vermuten, dass Merkels Handy längere Zeit angezapft wurde. In Dokumenten, die der ehemalige NSA-Mitarbeiter Edward Snowden entwendet habe, befinde sich eine alte Handy-Nummer Merkels.
Botschafter einbestellt
Der noch amtierende Aussenminister Guido Westerwelle bestellte wegen der Affäre den US-Botschafter in Deutschland, John B. Emerson, zum Rapport ins Auswärtige Amt ein – unter engen Verbündeten ein ernster Vorgang.
Die Affäre beschäftigt auch die Bundesanwaltschaft. Wie ein Sprecher der obersten deutschen Anklagebehörde mitteilte, wurde mit Bekanntwerden der Vorwürfe ein sogenannter Beobachtungsvorgang angelegt. Die Bundesanwaltschaft möchte von den mit dem Thema befassten Bundesbehörden zuverlässige Informationen bekommen.
US-Präsident Barack Obama versicherte Merkel in einem Telefonat, ihre Kommunikation werde nicht überwacht. Doch blieb offen, ob dies womöglich früher der Fall war. US-Regierungssprecher Jay Carney räumte derweil in Washington ein, dass die NSA-Affäre die Beziehungen der USA zu wichtigen Alliierten beschädigt habe.