Dass sich die katholische Kirche direkt und massiv in die Politik einschaltet, ist auch in Mexiko selten geworden. Am Sonntag aber hat Kardinal Norberto Rivera Carrera, der Erzbischof von Mexiko-Stadt, genau das getan.
Lage spitzt sich immer mehr zu
Die Regierung von Präsident Enrique Peña Nieto solle ihre Politik ändern und etwas tun gegen die Gewalt und Straflosigkeit im Land, forderte der Kardinal. Endlich, möchte man anfügen. Doch das sagte der geistliche Würdenträger nicht, sondern er fuhr fort: Auch Papst Franziskus verfolge die Geschehnisse in Mexiko mit Sorge.
Tatsächlich hat sich die Lage in Mexiko in den letzten Monaten zugespitzt. Nicht weil die Zahl der Opfer gestiegen wäre. Die ist hoch und bleibt hoch. Sondern weil der Staat völlig hilflos zusieht, wie das organisierte Verbrechen zum Teil mit direkter Hilfe staatlicher Organe entführt, erpresst und mordet. Dabei sind die verschleppten und wohl ermordeten 43 Studenten nur der bekannteste von vielen Fällen.
Ohnmächtige Regierung
Wie die katholische Kirche festhält, hat die Regierung bisher wenig gegen die weit verbreitete Gewalt unternommen. Vor allem versuchte sie, das Thema aus der täglichen Berichterstattung der Medien zu verbannen. Doch dieser Kniff war zu simpel, um zu wirken: Mit den verschwundenen Studenten tauchte das Thema wieder auf. Und damit auch die Ohnmacht der Regierung. Ihre Taten- und Konzeptlosigkeit dem organisierten Verbrechen gegenüber wurde und wird jeden Tag überdeutlich.
Die katholische Kirche weist darauf hin, dass auch katholische Priester zu den Opfern gehören. Tatsächlich werden Priester in Mexiko häufig bedroht, und wenn das nichts nützt, aus dem Weg geräumt. Mexiko sei für Priester das gefährlichste Land Lateinamerikas, so die Kirche. Da Polizei und Justiz oft schwach und selbst korrupt sind, werden solche Verbrechen kaum gesühnt, was die Täter zur Wiederholung oft geradezu animiert.
Mitverantwortung der Kirche
Allerdings ist dafür auch die katholische Kirche mitverantwortlich. Sie hat in den letzten Jahren herzlich wenig dafür getan, der Straflosigkeit in den eigenen Reihen entgegenzutreten. Viel zu lange deckten Äbte, Bischöfe und Kardinäle Priester, die Kinder oder Jugendliche sexuell ausbeuteten. Gewalt und Gesetzlosigkeit bleiben in Mexiko weit verbreitet, mitunter auch bei denen, die genau das kritisieren.