Mit einer beispiellosen Militärparade hat Russland den Sieg über das Nazi-Deutschland vor 70 Jahren gefeiert. Hunderttausende Zuschauer verfolgten die Feierlichkeiten auf dem Roten Platz in Moskau.
An der Militärparade – der grössten in der Geschichte des Landes – nahmen mehr als 16'000 Soldaten teil. Vorgeführt wurden auch Panzer, Raketenträger und andere Militärfahrzeuge. Dutzende Kampfjets flogen über die Moskauer Hauptstadt. Russlands Präsident Wladimir Putin nahm die Parade zusammen mit Verteidigungsminister Sergej Schoigu ab.
Eine ideale Gelegenheit für den Kreml
Beim perfekt orchestrierten Spektakel habe sicherlich die Ukraine ein Stück weit eine Rolle gespielt, sagt SRF-Russland-Korrespondent Christof Franzen in der «Tagesschau».
Verschiedene Kommentatoren würden Putin vorwerfen, den Sieg über Hitler-Deutschland auszunutzen, um die militärische Aggression in der Ostukraine rechtfertigen zu können. Die Argumentation «man hat damals gegen den Faschismus gekämpft und muss es auch heute tun» ziele natürlich weit an der Realität vorbei, so Franzen.
Zusätzlich könne Putin mit der Siegesfeier einen Grossteil des Volkes hinter sich scharen. «In Zeiten der Wirtschaftsrezession ist dies eine gute Möglichkeit, die der Kreml gerne nutzt.»
Kritik an «monopolarer» Welt
Putin nahm in seiner Rede zu Beginn der Parade indirekt Bezug auf die schwerste Krise zwischen Ost und West seit Ende des Kalten Krieges.
Die Prinzipien der Nachkriegsordnung würden immer häufiger verletzt, kritisierte er. Versuche, eine «monopolare» Welt zu schaffen, nähmen zu. Nötig sei aber ein System, das gleiche Sicherheit für alle Staaten garantiere. «Nur dann werden wir Frieden und Ruhe auf dem Planeten gewährleisten», sagte der russische Präsident.
Putin betonte in einer Rede den «grandiosen Sieg» über den Nationalsozialismus. Die sowjetischen Soldaten hätten damals die Europäer befreit, betonte Putin. Ausserdem würdigte er die Rolle der westlichen Alliierten in der Anti-Hitler-Koalition. Die Sowjetunion hatte im Kampf gegen den Faschismus mit mehr als 27 Millionen Toten die grösste Zahl der Opfer.
Westen boykottiert Feierlichkeiten
Mehr als 20 Staatsoberhäupter nahmen an den Feierlichkeiten teil, unter anderem der chinesische Staatschef Xi Jinping, der kubanische Präsident Raúl Castro, der Präsident Zimbabwes Robert Mugabe, der venezolanische Präsident Nicolás Maduro, der ägyptische Präsident Abdel Fattah al-Sisi und der Premierminister Indiens Narendra Modi.
Ebenfalls anwesend waren der UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon sowie zahlreiche Spitzenpolitiker aus Nordkorea, Südafrika und der ehemaligen Sowjetrepubliken.
Die Staatschefs der EU sowie US-Präsident Barack Obama boykottieren hingegen die russische Feier. Damit protestieren sie gegen Russlands Politik im Ukraine-Konflikt. Auch die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hält sich von der Parade fern. Sie will aber mit Kreml-Chef Putin an diesem Sonntag in Moskau am Grabmal des Unbekannten Soldaten einen Kranz niederlegen.
Die Abwesenheit des Westens verdeutlicht laut SRF-Korrespondent Franzen vor allem eines: «Russland bewegt sich weg von Europa in Richtung Osten – vor allem in Richtung China.»
Machtdemonstration und Verkaufsschau
Die Militärparade setzt eine Reihe von Feiern im sowjetischen Stil fort, die Russland 2008 wieder aufnahm. Kernstück bildet die Präsentation der neuesten Kriegstechnologie, damit ist die Parade sowohl eine Machtdemonstration Moskaus als eine Verkaufsschau der russischen Rüstungsindustrie. Moskau enthüllte an der Parade erstmals den neuen «Superpanzer» T-14 Armata. Die rund 50 Tonnen schwere Kampfmaschine wird von den Streitkräften als Inbegriff einer neuen Panzer-Generation angepriesen.
Nach der Parade zogen Hunderttausende Menschen im Gedenken an die Opfer des Weltkriegs über den Roten Platz – Putin führte den Marsch an. Dicht an dicht trugen mitunter ganze Familien die Bilder ihrer verstorbenen Angehörigen durch das Zentrum von Moskau.
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Bild 1 von 11. Grossaufmarsch auf dem Roten Platz in Moskau: Insgesamt sollen mehr als 16'000 Soldaten an der Parade teilnehmen. Bildquelle: Reuters .
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Bild 2 von 11. Auch der russische Verteidigungsminister Sergei Shoigu nimmt im vorderen Wagen an der Parade teil. Bildquelle: Reuters .
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Bild 3 von 11. Neben Tausenden von Soldaten sollen auch 200 Militärfahrzeuge, darunter Panzer und Raketenträger, über den Roten Platz ziehen. Zum Finale ist eine Show mit etwa 140 Flugzeugen vorgesehen. Bildquelle: Reuters .
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Bild 4 von 11. Russland nahm die Militärparade zum Anlass, der Öffentlichkeit erstmals den neuen Panzer T-14 Armata zu präsentieren. Als wichtigste Neuerung im Vergleich zu herkömmlichen Panzern gilt eine mit speziellem Material geschützte Kapsel für die zweiköpfige Besatzung im vorderen Fahrzeugbereich. Es gebe praktisch einen «Panzer im Panzer», sagen Experten. Bildquelle: Reuters.
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Bild 5 von 11. Viele technische Details über den bislang noch nicht erprobten T-14 gelten als geheim. Russische Medien sprechen aber von Hightech-Ausrüstung und einem Tempo von bis zu 90 Stundenkilometern sowie etwa 500 Kilometern Reichweite mit einer Tankfüllung. Nach der Parade soll der Panzer vom Militär intensiv getestet werden. Bildquelle: Reuters.
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Bild 6 von 11. Die meisten europäischen Staatsoberhäupter lehnten Wladimir Putins Einladung ab, an der Parade teilzunehmen. Nicht so der Präsident von Zimbabwe Robert Mugabe. Bildquelle: Reuters .
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Bild 7 von 11. Der südafrikanische Staatspräsident Jacob Zuma (rechts im Bild) nahm die Einladung Putins ebenfalls an und schaute sich die Parade an. Bildquelle: Reuters.
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Bild 8 von 11. Auch Venezuelas Präsident Nicolas Maduro reiste nach Moskau und erwies Wladimir Putin die Ehre. Bildquelle: Reuters.
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Bild 9 von 11. Nebst den knapp 30 Staats- und Regierungschefs nahm auch UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon (rechts im Bild) an den Feierlichkeiten teil. Bildquelle: Reuters.
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Bild 10 von 11. Eine Frau nutzt die Gelegenheit an der Parade, Menschen zu gedenken, die den Zweiten Weltkrieg persönlich erlebt haben. Bildquelle: Reuters .
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Bild 11 von 11. Ein blinder Kriegsveteran nimmt auf einer Parkbank sitzend an den Feierlichkeiten teil. Er trägt für den Anlass seine Uniform und zahlreiche Auszeichnungen. Bildquelle: Reuters.