In einem offenen Brief an die Unesco-Generaldirektorin Irina Bokowa machte der libanesische Intellektuelle Hassan Hamadé seiner Wut und Trauer Luft. Die Unesco, Hüterin des Weltkulturerbes, bedauere in Pressemitteilungen zwar die Zestörung von Kulturstätten wie Palmyra, Nimrud und Hatra, aber eine eigentliche Kampagne dagegen habe sie nicht lanciert.
Mit Twitter gegen Zerstörung
Dieser Vorwurf sei nicht haltbar, entgegnet ihm Mechthild Rössler, Direktorin Welterbezentrum der Unesco. Auf die Zerstörung dieser Weltkulturerbestätten habe die Unesco zum Beispiel auf Twitter mit der Kampagne #uniteforheritage reagiert.
Damit habe sie sich direkt an Jugendliche gerichtet, und zwar gerade auch an Jugendliche im arabischen Raum. Die Direktorin der Unesco sei zweimal nach Bagdad geflogen, um mit Studenten vor Ort klar zu machen, dass hier ihr eigenes Erbe zerstört werde, und damit ein Stück ihrer eigenen Identität. Mit dieser Kampagne wolle die Organisation Jugendliche einerseits sensibilisieren, aber sie auch davon abhalten sich Extremisten wie IS anzuschliessen.
Ausserdem habe die Unesco Druck auf den UNO-Sicherheitsrat ausgeübt. Dieser hat im Februar die Resolution 2199 verabschiedet, die zum ersten Mal die Unesco einsetzt, um den illegalen Handel mit Kulturgütern zu stoppen. Die Resolution fordert die Staaten auch verbindlich dazu auf, Berichte einzureichen, welche Mittel sie ergreifen, um den Handel mit geraubtem Kulturgut zu unterbinden. Für den Kampf gegen den illegalen Kunsthandel kann die Unesco allerdings nur gerade drei Menschen einsetzen, für mehr reichen die Mittel nicht.
Situation dramatisch
Noch nie sei die Unesco mit einer so dramatischen Situation konfrontiert gewesen, sagt Mechtild Rössler. Es gebe immer mehr Krisengebiete, in denen Welterbe absichtlich zerstört werde. Und das Welterbezentrum müsse zudem mit immer weniger Geld auskommen.
Denn seitdem die Unesco Palästina als Vollmitglied aufgenommen hat, haben die USA ihre Zahlungen eingestellt, auch an den Welterbefonds. Weniger Geld komme auch von europäischen Staaten, die von der Wirtschaftskrise betroffen seien. Und jedes Jahr kommen neue Welterbestätten dazu.
Grossteil des Budgets für Evaluierung neuer Kandidaten
Vor rund 20 Jahren zählte die Welterbe-Liste der Unesco 240 Stätten. Heute sind es über 1000. Und jedes Jahr kommen neue dazu. Fast 80 Prozent des Geldes im Welterbefonds werde inzwischen für die Evaluierungen der neuen Kandidaturen aufgewendet, und das bedeute: immer weniger Geld, um den bestehenden Welterbestätten zu helfen.
In der Unesco wird diskutiert, ob pro Land nur noch ein Vorschlag pro Jahr zugelassen werden sollte, statt wie jetzt, zwei. Doch Länder wie Italien, Spanien, Frankreich, Deutschland und neu auch China und Indien beharren vorläufig auf zwei. Das benachteilige jene, die kein Geld für einen Nominierungsprozess haben, zum Beispiel der afrikanische Kontinent, und es bedeutet, dass auch die Mittel für gefährdete Welterbestätten knapp bleiben werden.