Eigentlich sollte der Afghanistan-Einsatz der Nato Ende Jahr auslaufen, doch die Sicherheitslage im Land erlaubt das nicht. Trotz ihrer gegenteiligen Beteuerungen ist die afghanische Armee noch völlig ausserstande, den Taliban zu trotzen. Deshalb haben die Aussenminister der Nato-Länder am Dienstag beschlossen, das Engagement am Hindukusch zu verlängern.
«Wir sind in Afghanistan, damit Afghanistan nicht wieder zum Zufluchtsort für internationale Terroristen wird», sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Die Nato bleibt damit wie bisher mit etwa 12‘000 Soldaten in der Hauptstadt Kabul und in den afghanischen Regionen präsent. Geplant ist, falls nötig noch Jahre in Afghanistan zu bleiben.
Präsenz gegen Russlands Präsenz
Dabei wäre die Allianz liebend gerne abgezogen, weil neue Herausforderungen auf sie warten. So fordern die osteuropäischen Allianzpartner noch mehr Vorkehrungen gegen die russische Bedrohung. Vor allem aber muss das Bündnis jetzt der Türkei zu Hilfe eilen.
Nachdem der Kreml in den Syrien-Konflikt eingegriffen hat, um dort die Terrormiliz IS zu bekämpfen, ist das russische Militär in der Region stark präsent. Bereits in den nächsten Wochen will die Nato deshalb die Flugabwehr der Türkei unterstützen – möglicherweise mit Awacs-Aufklärungsflugzeugen, Raketenabwehrbatterien oder Abfangjägern. Die USA, Grossbritannien, Deutschland oder Spanien dürften sich daran beteiligen oder tun das bereits.
Ein heikler Spagat
Zugleich hofft die Nato, nicht direkt in den Kampf gegen die IS-Miliz hineingezogen zu werden. Indirekt und über ihre Mitglieder ist sie das ohnehin schon. Die Waffenhilfe für Ankara bezeichnet das Bündnis ausdrücklich nicht als Eskalation, sondern als Mittel, um die Türkei zu besänftigen, indem es ihr Sicherheitsbedürfnis befriedigt.
Nato-Generalsekretär Stoltenberg fordert die Konfliktparteien Türkei und Russland zu Ruhe, Entspannung und einem direkten Dialog auf. Dennoch wird das Verhältnis der Nato zu Russland mit den jüngsten Entwicklungen in und um Syrien noch schwieriger. Zudem ist es fraglich, ob die Allianz ihren türkischen Partner dank der Hilfszusagen künftig besser kontrollieren kann.