Beide sind Skandinavier, beide waren früher Regierungschefs und beide verfügen über keinen militärischen Hintergrund. Damit enden aber die Gemeinsamkeiten zwischen dem alten und dem neuen Nato-Generalsekretär.
Der Däne Anders Fogh Rasmussen, der heute, kaum aus dem Amt geschieden, ein Unternehmen für globale Strategieberatung lanciert hat, ist ein Rechtsliberaler und galt an der Nato-Spitze als Falke. Der neue, der Norweger Jens Stoltenberg hingegen ist Sozialdemokrat, demonstrierte in seiner Jugend gegen den Vietnamkrieg und gilt als Taube.
Doch wer befürchtet oder gehofft hat, nun übernehme ein Softie die Führung der Allianz, sah sich fürs Erste einmal gründlich getäuscht. Stoltenberg machte nämlich sogleich klar: «Die Nato muss stark und die Bande zwischen Nordamerika und Europa müssen felsenfest sein.»
Und anders als Russlands Präsident Wladimir Putin möglicherweise gehofft hat, als er im Frühsommer die Ernennung von Stoltenberg lobte, geht dieser nun keineswegs auf Schmusekurs zu Moskau: Ja, die Nato wolle langfristig Russland wieder als Partner gewinnen, aber zurzeit gehe das nicht. Denn zuerst müsse der Kreml sein Verhalten entschieden ändern. Zwar biete der Waffenstillstand in der Ostukraine eine Chance, aber Moskau sei weiterhin imstande, das Land zu destabilisieren. Und vor allem: Ein gutes Verhältnis zu Russland bedinge eine starke Nato.
Stoltenberg: «Mehr und besser investieren»
Bereits in den Wochen vor seinem Amtsantritt habe der Norweger auch viele zuvor skeptische Osteuropäer überzeugt, erklärt Michal Baranowski , Leiter des Warschauer Büros der Denkfabrik German Marshall Fund. Und
Stoltenberg will genau so hartnäckig wie sein Vorgänger dafür kämpfen, dass all jene Nato-Länder, die derzeit zu wenig in ihre Streitkräfte investierten, mehr tun: «Wir müssen mehr und besser investieren», betonte er.
Polen und Türkei zuoberst auf Agenda
Ausserdem setzt Stoltenberg Zeichen. Seine beiden ersten Besuche führen nämlich nach Polen und in die Türkei. Beides Mitgliedsländer, die zurzeit schwer verunsichert sind. Das eine wegen Russland, das andere wegen des Dschihadismus an seiner Grenze.
Selbstverständlich würde man der Türkei ohne Wenn und Aber beistehen, falls sie angegriffen werde, betonte er. Auf die Frage, ob er als ehemaliger Friedensdemonstrant überhaupt der richtige Mann an der Nato-Spitze sei, meinte Stoltenberg knapp, er habe seinerzeit Norwegens Jungsozialdemokraten auf den Pro-Nato-Kurs getrimmt. Man finde wohl kaum einen norwegischen Politiker, der sich so sehr für die Militärallianz eingesetzt habe.
Von einem Kurswechsel im Nato-Hauptquartier will er nichts wissen. Vielmehr betont er Gemeinsamkeiten zu seinem Vorgänger Rasmussen. Beide wollten die Nato stärken.
Während Rasmussen im Lauf der Zeit seine Rhetorik eher milderte, jedenfalls bis zum Ausbruch der Ukraine-Krise, macht Stoltenberg jetzt klar: Das Bündnis wird auch künftig keineswegs von einem Pazifisten angeführt. Oft verändert das Amt eine Person stärker als die Person das Amt. Manchmal sogar sehr rasch.