Der Ansturm auf die erste Ausgabe des französischen Satiremagazins «Charlie Hebdo» nach dem Terroranschlag von Paris setzt sich fort. Auch am Donnerstag war das Blatt schon am frühen Morgen ausverkauft. Um die riesige Nachfrage zu decken, soll das aktuelle Heft in einer Auflage von fünf Millionen Exemplaren gedruckt werden.
Das Titelblatt zeigt den weinenden Propheten Mohammed unter der Überschrift «Alles ist verziehen» und dem Schild «Ich bin Charlie». Wie bereits bei bisherigen Publikationen von Mohammed-Karikaturen reagieren Teile der islamischen Welt mit Empörung:
- Senegal: Die Regierung im westafrikanischen Staat hat die Verbreitung und den Verkauf der französischen Satirezeitschrift «Charlie Hebdo» verboten. Auch der Verkauf der örtlichen Tageszeitung «Libération», die die Mohammed-Karikaturen der jüngsten Ausgabe gedruckt hatte, wurde untersagt. Rund 99 Prozent der Bevölkerung sind Muslime. Viele Bürger hatten zuletzt Präsident Macky Sall scharf kritisiert, weil dieser am Trauermarsch für die Opfer der islamistischen Anschlagsserie in Paris teilgenommen hatte. Er unterstütze damit die anti-islamischen Karikaturen der Zeitschrift, so der Vorwurf.
- Pakistan: Das pakistanische Parlament hat die Veröffentlichung der Mohammed-Karikatur am Donnerstag einstimmig verurteilt. Islamistische Gruppen planen Demonstrationen in allen grossen Städten. Sunni-Tehreek-Chef Sarwat Ijaz Qardi erklärte: «Wir werden der Welt sagen, dass die Karikaturen die Gefühle von mehr als einer Milliarde Muslimen verletzt haben.» Bei früheren Protesten gegen Mohammed-Karikaturen waren in Pakistan zahlreiche Menschen getötet worden.
- Gazastreifen: Das Bild des weinenden Mohammed giesse nur «Öl auf das Feuer», kritisierte Hamas-Führer Isat Rischek in Gaza. Die offizielle Hamas-Zeitung «Felesteen» veröffentlichte am Donnerstag eine eigene Karikatur, die eine Einschränkung der Meinungsfreiheit fordert, wenn sie zur Beleidigung Mohammeds genutzt werde. Auf dem Bild ist eine Hand mit der Aufschrift «Alles ausser dem Propheten» zu sehen. Sie stoppt einen Pinsel mit einem Satanskopf. Eine Hand hält den Pinsel und auf dem Ärmel steht «Meinungsfreiheit».
- Türkei: Ein türkisches Gericht entschied am Mittwoch, die Internetseiten, die das Titelbild mit dem Propheten zeigten, zu sperren. Noch am Sonntag war der türkische Regierungschef Davutoglu am Pariser Gedenkmarsch in der ersten Reihe der Staatschefs zu sehen gewesen – als Verteidiger der Presse-und Meinungsfreiheit. Nun stellt er sich ebenfalls gegen das Mohammed-Cover. Meinungsfreiheit bedeute nicht «Freiheit zur Beleidigung», sagte der türkische Premier am Donnerstag zu den Medien. «Die Veröffentlichung dieser Karikatur ist eine schwere Provokation.»
- Iran: Ein Regierungssprecher in Teheran nannte das Titelblatt mit dem weinenden Propheten eine Provokation, welche die Gefühle der Muslime verletze und den Extremismus weiter anheize. Der iranische Aussenminister Zarif kleidete seine Reaktion dagegen in diplomatisch-versöhnliche Worte: Gegenseitiger Respekt sei der Boden eines Dialogs der Kulturen und Religionen. Vor allem bei religiösen Werten sei gegenseitige Sensibilität gefragt.
- Ägypten: Bei den Sunniten stiess die neuste Ausgabe des «Charlie Hebdo» auf grossen Missmut. Die Azhar-Universität in Kairo ist die höchste Autorität des sunnitischen Islams. Sie hatte die Anschläge in Paris verurteilt, äussert aber ihr Befremden über die aktuelle Nummer des Satiremagazins. Die neuen Karikaturen seien eine Beleidigung für die 1,9 Milliarden Muslime weltweit, so ein Sprecher der Universität.
- Taliban: In einer Erklärung sprachen die Islamisten von einem «abstossenden und menschenverachtenden» Vorgang. Sie betrachteten die «Täter» und alle, die die Veröffentlichung der Karikaturen erlaubt und unterstützt hätten, als «Feinde der Menschlichkeit». Mit dem Anschlag auf die Zeitung hätten die Attentäter die Verantwortlichen «zur Rechenschaft gezogen». Um den «Weltfrieden» nicht zu gefährden, dürften keine weiteren Karikaturen veröffentlicht werden.