In Thailand hat sich die Lage nach dem gewaltsamen Tod eines Anführers der regierungskritischen Proteste in Bangkok zugespitzt. Suthin Tharathin sei während
einer Rede vor Demonstranten in den Kopf geschossen worden, sagte ein Sprecher der Protestbewegung.
Augenzeugen berichteten, der Vorsitzende eines Anti-Regierungsnetzwerkes habe zuvor versucht, gemeinsam mit anderen Demonstranten ein Wahllokal zu blockieren. Dort wollten Wähler ihre Stimme bereits vor der Parlamentswahl am 2. Februar abgeben.
Suthin sei Mitglied der Dharma-Armee gewesen, einer massgeblich an den Protesten beteiligten buddistischen Organisation, sagte der Sprecher der Protestbewegung, Akanat Promphan. Das Notfallzentrum Erawan in Bangkok bestätigte, dass beim Vorfall in einem Vorort der Hauptstadt ein Mann getötet und neun weitere Menschen verletzt wurden.
«Weder Schutz noch Sicherheit»
Akanat machte «regierungstreues Gesindel» für den Tod des Protest-Anführers verantwortlich. Die Regierung habe zwar über Bangkok und Umgebung den Ausnahmezustand verhängt, aber «weder Schutz noch Sicherheit» geboten.
Suthin ist das zehnte Todesopfer seit Beginn der Proteste vor knapp drei Monaten, hunderte Menschen wurden verletzt. Beide Seiten geben sich regelmässig gegenseitig die Schuld für die Gewalt.
Wahllokale blockiert
Die Regierungsgegner wollen die von Ministerpräsidentin Shinawatra Yingluck angesetzte vorgezogene Parlamentswahl vom kommenden Sonntag verhindern, weil sie eine Niederlage befürchten. Zahlreiche Demonstranten blockierten deshalb bereits jetzt die meisten Wahllokale in Bangkok und in mehreren südlichen Provinzen.
Allein in Bangkok wurden daraufhin auf Anordnung der Behörden mindestens 45 von 50 Wahllokalen geschlossen. Tausende Wahlberechtigte, die am kommenden Sonntag verhindert sind, konnten ihre Stimme deshalb nicht abgeben.
Die Regierung ist nach Angaben der Zeitung «Bangkok Post» bereit, die Parlamentswahl zu verschieben. Im Gegenzug verlangt sie aber, dass die Opposition ihre seit Wochen andauernden Proteste beendet.
Die Opposition jedoch fordert den Rücktritt der Regierung und will einen nicht gewählten sogenannten Volksrat einsetzen. Dieser soll eine Reihe von Reformen umsetzen.
Wut auf den Bruder der Regierungschefin
Die Proteste hatten sich im November an einem von der Regierung befürworteten Amnestiegesetz entzündet, das Yinglucks Bruder, dem früheren Regierungschef Thaksin Shinawatra, wohl eine Rückkehr aus dem Exil erlaubt hätte. Yinglucks Regierung liess das umstrittene Amnestievorhaben inzwischen fallen, vermochte ihre Gegner damit aber nicht zu beruhigen.
Thaksin war im Jahr 2006 vom königstreuen Militär entmachtet und später wegen Korruption verurteilt worden. Er ist vor allem auf dem Land und bei ärmeren Stadtbewohnern beliebt, für die Mittelklasse und Oberschicht hingegen ein Feindbild. Seine Gegner sehen Yingluck als «Marionette» ihres Bruders, dem sie Bestechung und Stimmungsmache gegen die Monarchie vorwerfen.