Es ist eine dürre Mitteilung aus dem Kreml, gerade mal zwei Sätze: Sergej Iwanow wird als Chef der Kreml-Verwaltung entlassen. Er erhält ein neues Amt und soll in Zukunft als Sonderbeauftragter des Präsidenten für Naturschutz und Transport dienen.
Später schob Putin nach, dass Iwanow selber um seine Ablösung gebeten habe. Für gewöhnlich bedeutet diese Formulierung in Russland, dass der Mann geschasst wurde. Er soll aber in der Öffentlichkeit das Gesicht wahren dürfen.
Alter KGB-Kollege von Putin
Die Absetzung von Iwanow ist denn auch ein tiefer Fall. Der 63-Jährige ist ein alter Vertrauter von Wladimir Putin. Beide haben beim sowjetischen Geheimdienst KGB gedient, beide stammen aus St. Petersburg. Fast fünf Jahre lang führte Iwanow die Kreml-Verwaltung, das eigentliche Machtzentrum Russlands.
Zum Nachfolger hat Putin einen der Öffentlichkeit wenig bekannten, aber deutlich jüngeren ehemaligen Diplomaten ernannt. Der 44-jährige Anton Wajno soll künftig den Apparat des Präsidenten führen.
In Moskau hat die Personalrochade für viel Aufsehen gesorgt. Zumal Iwanow nicht der erste hochrangige Beamte ist, der seinen Posten räumen muss. In den letzten Monaten hat Putin mehrere Spitzenleute ausgewechselt, darunter den Chef seiner persönlichen Leibwache.
Angst vor den alten Weggefährten?
Seither schiessen die wildesten Thesen ins Kraut, was der Präsident mit dem Kader-Karussell bezweckt. Putin wolle einfach frische Leute um sich in schwierigen Zeiten, vermuten die einen. Andere glauben, der Präsident versuche, einer Palastrevolution vorzubeugen. Er misstraue seinen alten Weggefährten und fürchte, sie könnten ihm dereinst gefährlich werden.
Das alles bleibt Spekulation. Mit Sicherheit lässt sich nur sagen, dass Putin ein politisches System geschaffen hat, in dem die wichtigen Entscheidungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit gefällt werden. Was hinter den Kremlmauern geschieht, bleibt hinter den Kremlmauern.
Das hat Tradition in Russland. Schon Winston Churchill verglich die Machtkämpfe im Kreml einst mit einem Kampf von Bulldoggen unter einem Teppich. Als Aussenstehender, so Churchill, höre man nur das Knurren. Und erst wenn ein paar Knochen zum Vorschein kämen, wisse man, wer gewonnen hat.