Russische und westliche Medien schreiben, Russlands Präsident sei so stark wie nie. Sie bezeichnen Wladimir Putin als zurzeit «allmächtig wie ein Kaiser». Eberhard Schneider hält das für übertrieben.
Zwar habe Putin in letzter Zeit «einige politische Pluspunkte einsammeln können», sagt der Professor für Politikwissenschaft an der Universität Siegen im Gespräch mit SRF. Dabei denkt der Experte für russische Politik nicht nur an die Freilassungen von verschiedenen bekannten Kremlkritikern in den vergangenen Tagen. Auch im Fall Snowden und im Syrien-Konflikt habe sich Putin geschickt verhalten.
«Aber die Stärke Putins, die wir heute in der Weltpolitik erleben, ist keine Stärke aus sich heraus», sagt Schneider. «Vielmehr muss man die Stärke vor dem Hintergrund der Schwäche der USA und der Europäischen Union sehen.» So habe sich die EU beispielsweise im Fall der Ukraine ungeschickt verhalten. Denn der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch habe sich eigentlich der EU annähern wollen.
«Putin ist gegen jede Veränderung»
Lange wird Putin diesen Konfrontationskurs mit dem Westen nach Ansicht von Schneider nicht aufrecht halten können. «Putin hat grosse Probleme», sagt er mit Blick auf das schwache Wirtschaftswachstum des Landes und auf die hohen Erdölpreise. «Der Erdölpreis wird nicht immer so hoch sein. Und dann wird Putin echte Probleme kriegen mit seinem Haushalt.»
Was Russland brauche, sei eine Modernisierung der Wirtschaft. Doch das lehnt Putin ab. «Alles was nach Veränderung riecht kann er nicht ertragen», sagte der Experte. «Wahrscheinlich befürchtet Putin, dass wenn er jetzt einen grossen Veränderungsprozess einleiten würde, dieser zu einem Zerfall Russlands führen könnte.»
Putin werde niemals die europäischen Werte umsetzten, sagt Schneider. «Er kann Druck nicht ertragen.» Und er werde es auch nicht tun, um dem Westen einen Gefallen zu tun. «Putin wird das erst machen, wenn er einsieht, dass das gut ist für Russland. Und wir müssen ihm helfen, dass er das bald einsieht.»