Volksmusik, Weinverkostung, Grillwurst: Das Steirerfest auf dem Wiener Rathausplatz zieht Tausende an. Es ist der ideale Ort für Richard Lugner, sich seiner möglichen Wählerschaft zu präsentieren. Der Baumeister, genannt «Mörtel», kennt keine Berührungsängste, probiert hier und dort ein Glaserl und posiert hunderte Male für ein Foto mit irgendeinem Festbesucher.
Er geniesst seinen Auftritt, seine Bekanntheit und denkt schon an seine künftige Rolle als Bundespräsident: «Mich kennt jeder. Ich bin ein bunter Hund. Ich bin einer, der halt auch lustig unterwegs ist. In Österreich ist man der Meinung, der Bundespräsident darf nur im Keller lachen, woanders ist es nicht erlaubt.»
Fertig mit Rot-Schwarz in Österreich
Lugners Botschaft ist einfach: Das Machtkartell der Roten und Schwarzen zerschlagen, sei es im ORF, der ihn zu den TV-Duellen der Kandidaten nicht einmal einlud, sei es in der Sozialpartnerschaft oder in den Bundesländern, wo sich Sozialdemokraten und Konservative auch alle Pfründen teilten. «Man muss die Roten und Schwarzen trennen. Die streiten nur. Nach 70 Jahren haben sie sich in so vielen Positionen eingenistet. Ein roter Präsident steht dem roten Kanzler nicht auf die Zehen. Aber der Bundespräsident müsste der Regierung einmal richtig den Marsch blasen», ereifert sich Lugner.
Ich wollte es ja nicht machen, dann meinte meine Frau, ich solle es probieren.
Wenn Lugner Präsident wird, will er nicht nur einen Englischkurs besuchen, um auch auf dem internationalen Parkett auftreten zu können, sondern auch gleich die Regierung entlassen. Die neue müsste dann das Steuerrecht unternehmerfreundlicher gestalten, die Musikkapellen des Heeres aufstocken und an der Grenze zu Ungarn einen Zaun bauen.
Zu alt?
Das Programm überzeugt auf dem Steirerfest nicht alle. «Nein, er hat mich leider nicht überzeugt. Aber er ist ein sehr sympathischer Mensch», sagt eine Frau. Ein Mann meint: «Nichts gegen ihn. Er hat sehr gute Argumente, nur ist er schon etwas sehr alt.» Ein anderer findet, im Grunde könne es den Österreichern egal sein. «Wir brauchen einen, dann nehmen wir halt den Burli do.»
Im Herbst wird Richard Lugner 84 Jahre alt, aber das Bad in der Menge scheint für ihn ein Jungbrunnen zu sein. Er kandidiere ja nicht wegen seiner Eitelkeit, sondern wegen dem Land: «Ich wollte es ja nicht machen, dann meinte meine Frau, ich solle es probieren. Es geht doch darum, dass man Österreich auch etwas weiterbringt. Wir haben seit 70 Jahren fast immer eine rot-schwarze Regierung.»
Chancenlos aber wahlentscheidend
Präsident wird Lugner nicht, aber er nimmt vor allem dem Kandidaten der rechtsgerichteten Freiheitlichen und dem sozialdemokratischen Kandidaten, die beide die sogenannt kleinen Leute ansprechen, Stimmen weg. Und so könnte es am Sonntag sein, dass der Grüne Alexander van der Bellen und die unabhängige Irmgard Griss in die Stichwahl vom Mai kommen, während die Vertreter der grossen Parteien SP, Konservative und Freiheitliche und auch Lugner selbst das Nachsehen haben.
Das wäre ein Ausgang, der ihm nicht gefallen kann, und den er auch noch nicht glaubt: «Die Umfragen sind zum Teil gefärbt, zum Teil nicht auf dem neusten Stand. Es gibt verschiedene Medien, die mich schneiden. Man kanns nicht sagen!»