Nun hat der Wind auch im bislang offensten Land Europas die Richtung gedreht. Der milde und sonnige Herbst ist dem Winter gewichen und statt in leerstehenden Schulen und Hotels müssen die schutzsuchenden Flüchtlinge aus Syrien und Afghanistan nun in Zelten und gar unter freiem Himmel übernachten.
Fast 100'000 Flüchtlinge sind alleine in den letzten zwei Monaten nach Schweden gelangt und haben damit den nordischen Wohlfahrtsstaat an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit gebracht.
Weniger Aufenthaltsbewilligungen ausgeben
Jetzt zieht die rot-grüne Regierung, die bislang stets an die Offen- und Menschlichkeit appelliert hatte, die Notbremse.
In einer eilig einberufenen Medienkonferenz gab der sozialdemokratische Ministerpräsident Stefan Löfven am Nachmittag bekannt, dass die Grenztruppen verdoppelt werden und künftig nur noch wenige Quotenflüchtlinge eine Aufenthaltsbewilligung erhalten.
«Wir fahren unsere Leistungen an Flüchtlinge auf das absolute Minimum herunter», betonte Löfven und verband damit die Hoffnung, dass Zuflucht suchende Menschen künftig auf andere europäische Staaten ausweichen werden.
Tatsächlich hat Schweden in der jüngsten Vergangenheit pro Kopf der Bevölkerung mehr Asylsuchende aufgenommen als jedes andere Land in Europa.
Nachdem die Regierung in Übereinkunft mit der bürgerlichen Opposition bereits vor gut zwei Wochen erste Verschärfungen in der Asylpolitik beschlossen hatte, will nun das Land mit einer auf drei Jahre befristeten Sondergesetzgebung seine Grenzen für Flüchtende praktisch dicht machen. Das dürfte Konsequenzen namentlich für Schwedens nordische Nachbarländer haben, in denen bislang verhältnismässig wenige Menschen ein Asylgesuch gestellt haben.
Altersbestimmung an der Grenze
Ab sofort sollen sämtliche Asylsuchende, die nach Schweden einreisen, kontrolliert werden, kündigte Ministerpräsident Löfven an. Ebenso werden medizinische Alterskontrollen für junge Flüchtlinge eingeführt, wenn sie über keine zuverlässigen Identitätspapiere verfügen.
Im schwedischen Parlament und in der Bevölkerung dürften die neuen Verschärfungen in der Asylpolitik auf breite Zustimmung stossen. Hier hat die Bereitschaft zur Fortführung des bislang sehr liberalen Kurses schon seit dem Sommer massiv nachgelassen. Nun hat die rot-grüne Regierung nachgezogen.