Mariano Rajoy müsse das Amt des Ministerpräsidenten abgeben, sagte der sozialistische Oppositionsführer Alfredo Pérez Rubalcaba. Angesichts der gravierenden Situation, in der sich Spanien befinde, könne Rajoy seinen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen. Rubalcaba schliesst sich damit den Forderungen anderer Oppositionspolitiker an. Neuwahlen forderte der Oppositionschef allerdings nicht.
Im Skandal um angebliche schwarze Kassen bei Spaniens regierender Volkspartei (PP) hat Ministerpräsident Mariano Rajoy alle Vorwürfe zurückgewiesen. «Ich habe niemals Schwarzgelder erhalten oder verteilt», erklärte Rajoy auf einer Sondersitzung des Parteivorstandes.
In seiner ersten öffentlichen Stellungnahme versicherte der 57jährige konservative Politiker, alle Beschuldigungen seien falsch. Rajoy kündigte zudem an, er werde ab Montag auf der Homepage der Regierung seine Steuer- und Vermögenserklärungen offenlegen. Auch bei den Parteirechnungen werde es «höchste Transparenz» geben, fügte er hinzu.
Staatsanwaltschaft ermittelt
Rajoy hatte den PP-Vorstand zur Sondersitzung einberufen. Zuvor war seiner Partei in der Zeitung «El País» vorgehalten worden, an den Regierungschef und andere Mitglieder der Parteiführung jahrelang Schwarzgelder gezahlt zu haben.
Generalstaatsanwalt Eduardo Torres-Dulce sagte am Freitag, die vom Blatt veröffentlichten Papiere enthielten ausreichende Indizien, um eine Ermittlung einzuleiten.
«El País» hatte unter Berufung auf die abgedruckten Abrechnungen berichtet, fast alle Mitglieder der Parteiführung hätten zwischen 1990 und 2009 neben ihren normalen Gehältern von der PP regelmässig zusätzliche Zahlungen erhalten.
Gegen den früheren PP-Schatzmeister Luis Bárcenas ermittelt die Justiz in einem Korruptionsskandal, in dem es um Verbindungen zwischen PP-Mitgliedern und einem Netz von Unternehmern geht. Aus «geheimen Papieren von Bárcenas» gehe hervor, so «El País», dass Rajoy pro Jahr rund 25'000 Euro erhalten habe.
Ansehen der Regierung in Gefahr
Auch rund 1000 Demonstranten forderten Rajoys Rücktritt. Sie protestierten am Freitagabend bis nach Mitternacht vor dem PP-Hauptsitz in Madrid. Eine entsprechende Internet-Petition wurde bis am Samstagnachmittag von knapp 700'000 Menschen unterzeichnet. «Jagen wir alle Diebe davon», heisst es darin.
Rajoy räumte heute zwar eine Affäre «grossen Ausmasses» ein und versprach auch interne Untersuchungen. Zugleich kündigte er aber an, er und die PP würden sich gegen jeden Angriff wehren. Man wolle nicht nur die Regierung mit Gerüchten destabilisieren, sondern in Spanien in wirtschaftlich äusserst schwierigen Zeiten grosse Unruhe verbreiten.