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Serbiens Ministerpräsident Alexandar Vucic wird mit einem Schirm vor Angriffen geschützt.
Legende: Sicherheitspersonal schützt den serbischen Ministerpräsidenten Vucic bei seinem Auftritt zur Gedenkfeier in Srebrenica. Reuters

International Staaten Ex-Jugoslawiens sollen gemeinsam ihrer Opfer gedenken

Serbiens Regierungschef Alexandar Vucic schlägt vor, dass alle Staaten des ehemaligen Jugoslawiens am gleichen Tag im Jahr den Opfern der Balkankriege der 90er Jahre gedenken sollen. Hat der gemeinsame Gedenktag Aussicht auf Erfolg?

Vor zwanzig Jahren hat Alexander Vucic ganz anders geklungen. Er hat Sachen von sich gegeben, die nur ein Kriegstreiber sagt: Für jeden toten Serben werden wir 100 Muslime töten. Damals war er junger Abgeordneter einer extrem rechten, extrem nationalistischen Partei. Heute ist er Ministerpräsident und Anführer einer gemässigten Partei, will Serbien in die EU führen und hat sich von den damaligen Ansichten mehrmals deutlich distanziert.

Jetzt schlägt Vucic vor, dass die Volksgruppen im ehemaligen Jugoslawien alle gemeinsam jedes Jahr am gleichen Tag ihrer Opfer gedenken sollen. «Die Idee soll die Volksgruppen einander näher bringt und ihnen zeigen, was die anderen erlitten haben. Damit würden die anderen besser verstehen, warum wir Serbentrauern, und wir würden die anderen besser verstehen», argumentiert Vucic.

Bosniaken griffen Vucic an

Vucic machte den Vorschlag nach seinen Erfahrungen bei der Gedenkfeier in Srebrenica zum 20. Jahrestag des dortigen Massakers. Vucic war auf dem Gräberfeld von einer Gruppe muslimischer Bosniaken mit Steinen und Flaschen angegriffen worden. Um die Situation nicht weiter eskalieren zu lassen, lud er kurz darauf das drei-köpfige Staatspräsidium Bosniens nach Belgrad ein und empfing es dort betont gastfreundlich.

Es dauerte nicht lange, dann brachen auch noch die Wunden des Konflikts zwischen Serben und Kroaten wieder auf. Als Kroatien am 5. August, den 20. Jahrestag der Rückeroberung der abtrünnigen Serbengebiete feierte, rief Serbien den Tag zum nationalen Trauertag aus. Auch jetzt zählten beide Seiten wieder nur die eigenen Toten und zeigten kein Mitgefühl für die Opfer der anderen Seite.

Es hagelt Absagen

Vor diesem Hintergrund muss Vucics Vorschlag gesehen werden. Eine sympathische Geste, möchte man meinen. Aber die Absagen kamen sehr schnell. «Wir lassen uns keine Vorschriften machen, wann wir zu trauern und zu feiern haben, wir tun das anderen gegenüber auch nicht», sagte Kroatiens Regierungs-Chef Zoran Milanovic. Auch Hashim Thaqi, der Aussen-Minister des Kosovos und der oberste Vertreter der muslimischen Bosniaken, Bakir Izetbegovic, lehnen den Vorschlag ab.

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Warum die grosse Skpesis? Für viele ist Vucic wegen seiner Vergangenheit grundsätzlich nicht glaubwürdig. Aber auch für jene, die ihm glauben, dass er kein Gross-Serbien mehr will, gibt es ein Problem. Wenn jemand, der früher zu den Tätern gehört hat, jetzt nur über die Opfer reden will, zieht er den Verdacht auf sich, er wolle die Schuld einebnen, eine gleichförmige Masse formen, in der alle ein bisschen Opfer und ein bisschen Täter sind. Und Vucic muss sich die Frage gefallen lassen: wieso verbeugt er sich zwar vor den Opfern von Srebrenica, weigert sich aber das Wort Völkermord zu verwenden?

Nur Schön-Wetter-machen für die EU?

Ein bosnischer Kommentator äusserte die Vermutung: Vucic gehe es wohl mehr darum, sich in der europäischen Öffentlichkeit als Politiker der Versöhnung zu inszenieren, als den gemeinsamen Gedenktag tatsächlich zu verwirklichen. Sonst nämlich hätte er, die Idee zuerst mit wichtigen Vertretern aus Bosnien und Kroatien besprochen und nicht gleich in der Öffentlichkeit ausposaunt.

Vucic weiss, ohne einen Beitritt zur EU bringt er Serbien nicht aus der wirtschaftlichen Not heraus. Er muss eine Gratwanderung machen. Er darf im Zusammenhang mit Srebrenica das Wort Genozid nicht in den Mund nehmen, weil er sonst innenpolitisch von rechts unter massiven Beschuss kommt, und er muss genügend Gesten der Versöhnung machen, um die Annäherung an die EU nicht zu gefährden.

Das ist alles sehr berechnend, aber auf einer ähnlichen Gratwanderung sind auch andere Machthaber im ehemaligen Jugoslawien. NUR: Eine echte Versöhnung kann es unter diesen Vorzeichen kaum geben.

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