Eine anonyme Quelle hat einem Journalistennetzwerk internationaler Medien einen riesigen Datensatz über geheime Geschäfte in Steueroasen zugänglich gemacht. Wie zahlreiche Medien weltweit – unter ihnen «SonntagsZeitung», «Süddeutsche Zeitung» oder «Le Monde» – berichteten, finden sich in den Unterlagen Hunderte Fälle von Steuerhinterziehung. Nach Veröffentlichung der Daten brach die Internetseite des Journalistennetzwerks mit allen aufbereiteten Unterlagen zusammen.
«Blinddärme der Nation»
130'000 Personen aus mehr als 170 Ländern werden aufgelistet. Laut «SonntagsZeitung» sind in der Schweiz 300 Personen und 70 Gesellschaften betroffen. Sie arbeiten vor allem in Zürich, Genf, Lugano und Zug. Einer der bekanntesten Steuerhinterzieher soll der 2011 verstorbene Gunter Sachs sein. Die UBS alleine ist laut Unterlagen in über 2900 Gesellschaften in einem Dutzend Steueroasen involviert.
Offshore
Martin Aliot, SRF-Korrespondent für Grossbritannien, schätzt den Neuigkeitswert der Unterlagen differenziert ein. Die schiere Masse sei beeindruckend, dazu seien erstmals Namen bekannt. Dies sei in dieser verschwiegenen Welt einmalig. Man müsse aber betonen, dass beispielsweise der Finanzplatz London von seinen Inseln in der Karibik, den «Blinddärmen der britischen Nation», profitiere. Es sei Fiktion, wenn die britische Regierung sagt, sie sei nur Zuschauer und könne nicht eingreifen.
Diktatorenfamilien und Oligarchen
Mehr zum Thema Offshore-Leaks
- Informationsfluss von Singapur in die Schweiz Informationsfluss von Singapur in die Schweiz
- Schweizer Politiker wollen Namen sehen Schweizer Politiker wollen Namen sehen
- «Daten im Umfang von einer halbe Million Bücher!» «Daten im Umfang von einer halbe Million Bücher!»
- Assange den Meister gezeigt Assange den Meister gezeigt
Bislang vertrauliche Dateien belegen, auf welchen geheimen Wegen Reiche und Kriminelle Briefkastenfirmen und sogenannte Trusts nutzen, um grosse Vermögen zu verstecken und zweifelhafte Geschäfte zu verschleiern. Die Dokumente stammen von zwei Firmen, die auf die Errichtung von Offshore-Gesellschaften spezialisiert sind. Sie gehören zu den grössten Anbietern weltweit. In den Unterlagen finden sich Namen von Oligarchen, Waffenhändlern und Finanzjongleuren.
Unter den namentlich erwähnten Personen ist unter anderem Maria Imelda Marcos aufgeführt. Die Tochter des früheren philippinischen Diktators führt einen Trust auf den Virgin Islands. Maria ist heute Gouverneurin einer philippinischen Provinz. Der Mann einer kanadischen Senatorin verschob Gelder auf die Cook Islands. Die Herrscherfamilie von Aserbaidschan führt mindestens vier Offshore-Firmen. Mehrere Politiker aus Thailand stehen auf der Liste. Auch Namen von mehreren russischen und einem ukrainischen Oligarchen wurden gefunden.
Schäuble in Deutschland gefordert
Die SPD Deutschland fordert Konsequenzen in der EU. Die Enthüllung bestätige eindrucksvoll die Grösse des Problems, erklärte SPD-Fraktionsvize Joachim Poss.
Finanzminister Wolfgang Schäuble müsse sich im Rat der EU-Finanzminister dafür einsetzen, das Thema Steueroasen ganz oben auf die Tagesordnung zu setzen. Denn auch innerhalb der Euro-Zone gebe es steuerliche Lockangebote, die ein solches System erst möglich machten.