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Wahlplakat von al Bashir
Legende: «Stabilität und Wiederaufbau» verspricht Staatschef Omar al-Bashir. Keystone/Archiv

International Sudan verharrt in der Krise

Sudan hat schwere Zeiten hinter sich. Die Aussichten auf Besserung sind innen- und aussenpolitisch gering. Dafür sorgen auch die Sanktionen gegen das von einem gesuchten Kriegsverbrecher regierte Land. Mit seiner sicheren Wiederwahl bleibt die Wirtschaftslage prekär. Der Mittelstand wandert aus.

Öl, Gold, Eisen, der Nil und viel wertvolles Agrarland: Im Sudan liesse es sich gut leben. Doch die wirtschaftliche Lage im nordostafrikanischen Wüstenstaat ist nach blutigen Konflikten in verschiedenen Regionen und der Abspaltung des ölreichen Südsudans desolat wie nie zuvor.

Dazu kommt Omar al-Bashir – der wegen Kriegsverbrechen in Darfur per Haftbefehl international gesuchte Diktator. Er wird in den laufenden Wahlen mit Sicherheit bestätigt. Faktisch ist Sudan damit abgeschnitten von der westlichen Welt.

Es war zu keinem Zeitpunkt schlimmer.
Autor: Autor Magdi El Gizouli

«Es war zu keinem Zeitpunkt schlimmer. Das hat mit der Politik von Sudan, aber auch sehr viel mit dem Weltmarkt und klar auch mit den internationalen Sanktionen zu tun» stellt der sudanesische Autor Magdi El Gizouli fest. Der Genetiker lebt seit fünf Jahren in Deutschland. Er arbeitet an der Universität Freiburg und besucht sein Land regelmässig.

Das grösste Problem für die in Sudan lebenden Menschen ist laut El Gizouli der Import von Ersatzteilen für Maschinen für die Landwirtschaft und die Industrie. Denn der Grossteil davon wird in der USA produziert, dem Land mit dem schärfesten Embargo. Gleiches gelte entsprechend für den Export aus Sudan – mit einer einzigen Ausnahme: Gummi arabicum, ein im Coca Cola verwendeter Inhaltsstoff.

Nur ein Viertel der Ölproduktion ist geblieben

Mindestens so schlimm war vor vier Jahren die Abspaltung des Südens. Denn im heutigen Südsudan liegen die allermeisten Ölquellen, die für den Sudan das Haupteinkommen bildeten. Laut Internationalem Währungsfonds hat das Regime in Khartum durch die Sezession drei Viertel der Ölproduktion, zwei Drittel der internationalen Zahlungsfähigkeit und die Hälfte der Steuereinnahmen verloren.

Die Auswirkungen seien gewaltig gewesen, ergänzt der Journalist Ismail Kushkush in Khartum: «Die Leute leiden, die Preise haben sich innerhalb von sieben Jahren vervierfacht. Die Löhne nicht.»

Tatsächlich scheint langfristige Planung und Weitsicht in der sudanesischen Wirtschaftspolitik wenig Bedeutung zu haben. Statt Arbeitsplätze zu schaffen wird das wenige, das man noch hat, ins Ausland verkauft – ohne grosse Verarbeitung und damit ohne Wertschöpfung für Sudan.

Land an Golfstaaten verpachtet

Was früher mit dem Öl geschah, geschieht jetzt auch mit Land. Sudan galt einst als Brotkorb der arabischen Welt, als Staat mit den grössten Landreserven in Afrika. Doch während die Regierung in Khartum drei Viertel des Weizens importieren muss, verpachtet sie ganze Landstriche, Millionen von Hektaren, auf Jahrzehnte hinaus an die reichen Golfstaaten. Diese bauen darauf Viehfutter an. Das ist zwar gut für die Staatskasse, aber schlecht für die lokale Wirtschaft, denn es werden keine Arbeitsplätze geschaffen.

Der ganz grosse Wirtschaftsfaktor waren und bleiben aber die Emigranten. Jeder Sudanese und jede Sudanesin, die im Ausland arbeitet, ernährt zuhause eine bis zwei Familien. Denn ein Job im Sudan bringt fast gar nichts ein.

Die Mehrheit des sudanesischen Mittelstandes lebt heute im Ausland. Gerade diese gut ausgebildeten, talentierten, innovativen Kräfte wären so bitter nötig für ein Land, das dringend eine neue Zukunft bräuchte.

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