Nur Minuten nach der Horrorfahrt von Nizza inszenierte die Terrormiliz IS auf ihren Webseiten grossen Jubel. In Internet-Chatrooms mit verschlüsseltem Zugang folgten schon in der Nacht Appelle, noch mehr Attacken genau dieser Art durchzuführen. Unterlegt mit Bildern von Paris steht da: «Der Kampf gegen euch hat eben erst begonnen.»
Truck-Angriffe bisher vor allem in Kriegsgebieten
Ganz neu seien Terroranschläge mit Fahrzeugen nicht, sagt Professorin Anne Speckhard, Leiterin des Zentrums für Extremismus-Forschung an der Georgetown Universität in Washington. Das Institut befragt regelmässig Deserteure von Terrororganisationen und beobachtet einschlägige Webseiten.
Speckhard erinnert an den Fall aus Saint-Jean-sur-Richelieu im kanadischen Québec, als ein Mann 2014 sein Privatauto zum Mordinstrument umfunktionierte. Es gab weitere Attentate in Dijon und Nantes, die mit Privat- oder Lieferwagen ausgeführt wurden. Die Opferzahlen waren weitaus geringer als in Nizza. Angriffe mit grösseren Fahrzeugen wie Lastwagen forderten bisher hauptsächlich in Syrien und im Irak Opfer.
Bereits während des Fastenmonats Ramadan erwähnte IS-Sprecher Abu Mohammed al-Adnani die Methode, Fahrzeuge auf Ansammlungen von Zivilisten zu lenken. «Überfahr sie mit deinem Auto», forderte er explizit.
Autos, Sprengstoff, Messer, Steine,...
Seit dem Ende des Ramadan vor zehn Tagen häufen sich gemäss den Forschern die Aufrufe zu Gewalttaten: Die Attentäter werden ermuntert, verschiedenste Methoden zu nutzen. Sprengstoffwesten, Heckenschützenangriffe, tödliche Messerstiche oder Menschen mit Steinen den Schädel zertrümmern.
Auffallend regelmässig genannt werden neuerdings Angriffe mit schweren Geländewagen, Bussen und Lastwagen. Am besten vollgeladen mit Sprengstoff. Als Ziele werden speziell New York, London und Australien genannt. In Deutschland sollen Schläfer-Zellen tätig werden. Und Franzosen sind offenkundig für die Terrormiliz IS eine besondere Zielscheibe.
Ausgefeilte Propaganda
Die Terrorismus-Experten der Georgetown-Universität sehen in den IS-Videos eine enorm starke Propagandawaffe. Man müsse auch beim Feind erkennen, was er gut könne, sagt Speckhard.
Psychologisch raffiniert und technisch hervorragend gemacht seien die Videos, in fast hollywoodscher Filmqualität. Entsprechend wirksam seien sie. Sie mobilisieren bereits aktive IS-Anhänger, die im Westen leben. Ebenso latente Sympathisanten und leicht Verführbare.