Zwei Wochen nach seinem Wahlsieg hat Griechenlands Regierungschef Alexis Tsipras am Montag im Parlament sein Programm vorgestellt. Tsipras versprach eine rasche Umsetzung der den Geldgebern versprochenen Reformen. Dies sei der «einzige Weg», damit das Land aus der Krise herauskomme.
Ausländische Investitionen ins Land holen
Griechenland müsse seine Glaubwürdigkeit zurückgewinnen, sagte Tsipras. Er mahnte aber auch, dass der Weg nicht leicht sein werde: «Wir müssen die Zähne zusammenbeissen.» Sein Ziel sei, nach der Erfüllung der Auflagen mit den Gläubigern über eine Umstrukturierung der Schulden zu sprechen, die griechischen Banken zu rekapitalisieren und Investitionen ins Land zu bringen.
Tsipras kündigte an, er wolle eine Streckung der Zahlungsfristen, die Verknüpfung der Tilgung an das Wirtschaftswachstum sowie stabile Zinsen bei den Verhandlungen mit den Gläubigern durchsetzen. Eine Konstante in Tsipras Programm ist, das Versprechen die sozial schwächeren Schichten zu schützen. Als Beispiel nannte er, dass kein Bürger mit geringem Einkommen seine Hauptwohnung verlieren werde. Zudem wolle seine Regierung Sparmassnahmen suchen, die andere harte Auflagen ersetzen sollen.
Eindeutige Kehrtwende
Für die Journalistin Corinna Jessen hat Tsipras‘ Programm «herzlich wenig» mit dem zu tun, was er noch Anfang Jahr den Wählern versprochen hatte. Unverändert sei nur die eindringliche Rhetorik, mit der er nun das dritte Hilfspaket verteidige, welches er im Januar noch vehement abgelehnt hatte. Laut Jessen ist von zentraler Bedeutung, dass Tsipras explizit beabsichtige, ausländische Investitionen ins Land zu holen und ein unternehmerfreundlicheres Klima schaffen wolle. «Vor den Wahlen im Januar sprach er hier noch von einem Ausverkauf ans internationale Grosskapital», so Jessen.
Viel Zeit bleibt der neuen Links-Rechts-Regierung nicht: Sie muss rasch Staatsbetriebe privatisieren und das Renten- und das Steuersystem reformieren. Nur so kann Athen auf die weitere Umsetzung eines von den Gläubigern der EU im Juli beschlossenen Hilfspakets von bis zu 86 Milliarden Euro hoffen.
Abbauen von Altlasten
Auf dem Weg dahin muss Tsipras einige Altlasten seiner Vorgänger abbauen: «Die Hälfte der ausstehenden Massnahmen stammen noch aus dem zweiten Hilfspaket und wurden von den Vorgängerregierungen nie umgesetzt», sagt Jessen. Dazu gehören unter anderen die Besteuerung der Bauern, die Liberalisierung des Arbeitsmarktes oder die Rentenreform.
Am Mittwochabend will sich die Regierung einer Vertrauensabstimmung im Parlament stellen. Jessen geht davon aus, dass das Parlament Tsipras das Vertrauen aussprechen werde. Mit 155 von 300 Abgeordneten steht seine Mehrheit aber nicht auf sehr stabilen Beinen.
Die Journalistin gibt denn auch zu bedenken, dass noch mit vehementen Widerständen zu rechnen sei. «Auch in Tsipras‘ eigener Partei gibt es eine ganze Reihe von Abgeordneten, die sich sehr verhalten gegen diese Umsetzungen ausgesprochen haben.»