In der Ukraine schwelt der Machtkampf weiter. Nun schaltet sich auch die Armee ein. Bei einem Treffen unter Vorsitz von Verteidigungsminister Pawel Lebedew forderten Militärs Präsident und Oberbefehlshaber Viktor Janukowitsch auf, «dringend Massnahmen zur Stabilisierung der Situation im Land zu ergreifen und Harmonie in der Gesellschaft zu erreichen». Es sei unzumutbar, dass Demonstranten staatliche Gebäude besetzt hielten, so die Militärs.
Amnestie für Oppositionelle
Der ukrainische Präsident Janukowitsch hat unterdessen das Amnestie-Gesetz für festgenommene Protestteilnehmer unterzeichnet. Auch das erst vor kurzem verschärfte Demonstrationsrecht sei mit seiner Unterschrift wieder zurückgenommen worden, teilte das Präsidialamt mit. Die entsprechende Abstimmung des Parlaments am Dienstag hatten Tausende Demonstranten begrüsst. Sie lehnten es aber ab, dass sie als Voraussetzung für eine Amnestie die besetzten Gebäude räumen sollen.
Oppositionelle entführt?
Menschenrechtler kritisierten indes, Polizeieinheiten hätten während der Strassenschlachten mit radikalen Regierungsgegnern absichtlich auch Journalisten und Ärzte angegriffen. Die Opposition beklagt zudem, dass etwa 30 Aktivisten verschleppt worden seien, angeblich von angeheuerten Schlägerbanden.
Acht Tage nach seinem Verschwinden wurde ein entführter Regierungsgegner schwer misshandelt aufgefunden. Seine Peiniger hätten ihn massiv gefoltert und einen Teil seines Ohrs abgeschnitten, berichtete der Aktivist Dmitri Burlatow. Der Oppositionspolitiker Vitali Klitschko sprach von einem «Akt der Einschüchterung».
Klitschko reist nach München
Klitschko will sich am Rande der Sicherheitskonferenz in München mit US-Aussenminister John Kerry treffen. Auch der ukrainische Aussenminister Leonid Koschara wird in München erwartet, wo er sich unter anderem mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow sowie dem für Nachbarschaftspolitik zuständigen EU-Kommissar Stefan Füle treffen will.
Der russische Vize-Regierungschef Dmitri Rogosin kritisierte das geplante Treffen von Kerry mit der ukrainischen Opposition als «Zirkus». Moskau hatte dem Westen wiederholt vorgeworfen, sich in die inneren Angelegenheiten der früheren Sowjetrepublik einzumischen und den Machtkampf in Kiew anzuheizen.
Die Proteste in der Ukraine waren ausgebrochen, nachdem Präsident Janukowitsch Ende November auf Druck Russlands ein historisches Partnerschaftsabkommen mit der Europäischen Union auf Eis gelegt hatte. Mindestens vier Menschen wurden bei Zusammenstössen seit Mitte Januar getötet, mehr als 500 verletzt. Von rund 230 Festgenommenen sitzen derzeit noch etwa 140 in Untersuchungshaft.