Bei neuen schweren Luftangriffen in der Ostukraine hat die ukrainische Armee nach eigenen Angaben Hunderte Separatisten allein in der Stadt Dserschinsk getötet. Die pro-russischen Aufständischen wiesen die Zahlen als nicht zutreffend zurück, bestätigten allerdings den massiven Beschuss mit Raketen. In Dserschinsk – nahe der Millionenstadt Donezk – gebe es keine solche Zahl an Kämpfern, betonte ein Separatisten-Sprecher der Agentur Interfax zufolge.
Der Sprecher der von Kiew geführten «Anti-Terror-Operation», Wladislaw Selesnjow, teilte mit, bei den Luftschlägen in den Regionen Donezk und Lugansk seien rund 1000 Separatisten getötet worden, davon allein 500 in Dserschinsk. Dabei seien auch Panzer und gepanzerte Fahrzeuge sowie Waffentechnik zerstört worden. Auch andere Militärsprecher wiederholten die Zahl.
Separatisten: 30 Tote nahe Donezk
«Er (Selesnjow) kann erzählen, was er will», sagte der selbst ernannte Verteidigungsminister der nicht anerkannten «Volksrepublik Donezk», Igor Strelkow (Girkin). «In der ganzen Garnison Dserschinsk gab es nur halb so viele Leute», betonte er. Die meisten Kämpfer seien abgezogen gewesen. Es sei nur ein Kämpfer verwundet worden.
Bei schwerem Artillerie-Beschuss durch Regierungstruppen seien im Donezker Vorort Marjinka dagegen mindestens 30 Zivilisten getötet, sagte Strelkow weiter. Der Beschuss dauere an. «Wir haben Kenntnis von 30 Toten. Aber noch nicht alle Trümmer sind beseitigt. Es kann noch mehr geben», sagte er der Agentur Interfax zufolge. Die pro-russischen Kräfte seien intensiv mit der Evakuierung von Ortschaften beschäftigt. Auf Seiten der Aufständischen habe es keine Verluste gegeben.
Es droht eine noch grössere Katastrophe
Eine Bombardierung der ursprünglich von rund einer Millionen Menschen bewohnten Stadt Donezk hätte verheerende Folgen. Die Separatisten hatten angesichts drohender Militärschläge angekündigt, Hunderttausende Menschen in Sicherheit bringen zu wollen.
Russische Behörden berichten von einer «humanitären Katastrophe» auf ihrem Staatsterritorium. Rund 21'000 Flüchtlinge hielten sich demnach am Samstag in den insgesamt 321 eingerichteten Übergangslagern auf, wie das Zivilschutzministerium mitteilte. Insgesamt 30 Regionen würden inzwischen Ukrainer aufnehmen.
Präsident droht mit Rache
Am Freitagmorgen waren bei einem Raketenangriff bei Lugansk 23 Soldaten getötet und fast 100 verletzt worden. Dies war einer der schwersten Verluste der Regierungstruppen seit dem Beginn des Konflikts. Präsident Petro Poroschenko drohte den Separatisten daraufhin mit Vergeltung.
Die Kämpfe in der Ostukraine dauern seit Mitte April an. Die ukrainische Führung will mit dem militärischen Vorgehen verhindern, dass sich die nicht anerkannten «Volksrepubliken» Donezk und Lugansk komplett von der Ukraine abspalten. Die russisch geprägte Region Donbass erkennt die proeuropäische Führung in Kiew nicht an.