Die USA haben die Sanktionen gegen Russland wegen des Ukraine-Konflikts ausgeweitet. Das US-Finanzministerium kündigte am Donnerstag an, die Guthaben von rund zwei Dutzend Institutionen und Einzelpersonen in den USA einzufrieren.
13 Betroffene wurden mit Strafmassnahmen belegt, weil sie dabei halfen, bereits bestehende Sanktionen zu umgehen. Ausserdem wurden Vertreter der russischen Rüstungsindustrie sowie fünf Krim-Hafenbetreiber auf die schwarze Liste gesetzt. Auch Vertreter der früheren ukrainischen Regierung um Ex-Staatschef Viktor Janukowitsch sind betroffen. Sie stehen bereits auf der EU-Sanktionsliste.
Die Sanktionen «unterstreichen unsere Entschlossenheit, den Druck auf Russland wegen der Verletzung internationalen Rechts und des Anheizens des Konflikts in der Ostukraine aufrechtzuhalten», sagte John Smith, der Leiter der Behörde für die Kontrolle ausländischer Guthaben in Washington. Die Strafmassnahmen könnten erst beendet werden, wenn das Minsker Friedensabkommen vollständig umgesetzt werde.
Ein Jahr nach Einführung der Sanktionen
Bereits seit einem Jahr gelten von Seiten USA und EU ein ganzes Bündel von Wirtschaftssanktionen gegen Russland. So haben zum Beispiel die russischen Staatsbanken erschwerten Zugang zum Kapitalmarkt. Es wurden Einreiseverbote und Kontensperrungen vorgenommen. Der Kreml wiederum reagierte auf die Sanktionen mit einem Importstopp für westliche Agrarprodukte und Lebensmittel.
Auf den Alltag der russischen Bevölkerung wirken sich die Sanktionen bisher kaum aus, weiss Benjamin Triebe, Wirtschaftskorrespondent der NZZ in Moskau. «Der typische Russe merkt davon im Moment noch nicht viel.» Denn die schwersten Einschränkungen betreffen derzeit vor allem den Öl- und Gassektor: «Das ist ein Problem, mit dem sich die Konzerne herumschlagen müssen.» Die Sanktionen im Finanzsektor seien schon eher spürbar. «Die Kredite sind teurer geworden», hat Triebe beobachtet. Aber auch dies tangiere nicht breite Bevölkerungsschichten.
Grundnahrungsmittel teurer geworden
Anders sehe es beim Importstopp aus, den Präsident Wladimir Putin verhängt hat. «Der hat das Preisniveau enorm angehoben», sagt der NZZ-Korrespondent. Das sei logisch: «Wenn man einen Grossteil der Importe von einem Tag auf den anderen nicht mehr ins Land lässt – Russland hat vorher sehr viele Lebensmittel importiert –, steigen die Preise, weil das das Angebot auf andere Art gedeckt werden muss.»
Für viele Russen sei es schwieriger geworden, den Alltag zu finanzieren, sagt Triebe. «Sie merken es daran, dass sich einige Produkte wie Käse und andere Milchprodukte oder auch verschiedene Fleischsorten bis zu 40 Prozent verteuert haben.» Wenn die Menschen mehr Geld für Lebensmittel ausgeben müssten, führe das dazu, dass sie weniger Geld für andere Dinge zur Verfügung hätten.
Russische Produkte aus Patriotismus
Hinzu kommt laut Triebe der Rubelzerfall. Dieser verteuere die Importprodukte. Die Bevölkerung kaufe nun mehr russische Produkte, weil diese billiger seien. «Und weil es oft die einzigen sind, die noch verfügbar sind», sagt der Journalist in Moskau.
Zum Teil spielten dabei auch patriotische Gedanken eine Rolle. Man setze bewusst auf Russisches – «mit einem trotzigen Gefühl, um zu sagen, wir können das, was wir bisher importiert haben, ja auch selbst herstellen». Dass viele russische Produkte von der Qualität her nicht an das heranreichten, was man bisher gewohnt war, stehe auf einem anderen Blatt: «Es hatte ja auch seine Gründe, warum die Russen über viele Jahre vor allem auf westliche Produkte gesetzt haben.»
Zahlreiche Selbstversorger auf dem Land
Triebe betont aber auch, dass durch die Sanktionen und den Importstopp kein Versorgungsnotstand entstanden sei. Das liege daran, dass es in Russland viele «Datscha-Ökonomien» gebe; Gärten, in denen der eigene Kohl und eigene Kartoffeln gezogen werden. «Das war in der Sowjetunion so, das ist heute so, und das wird auch in Zukunft so sein», sagt der Wirtschaftskorrespondent.
«Die Rückständigkeit der russischen Wirtschaft kann manchmal auch ein guter Puffer sein, so dass Effekte nicht sofort auf das tägliche Leben durchschlagen.»