Es ist der bisher entschiedenste Versuch der UNO, das nordkoreanische Regime in Pjöngjang zur Rechenschaft zu ziehen: Erstmals soll die gesamte Führungsriege des totalitären Staates wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt werden.
111 UNO-Mitglieder – darunter die EU-Länder und auch die Schweiz – haben eine Resolution verabschiedet. Diese ruft den UNO-Sicherheitsrat dazu auf, beim Internationalen Strafgerichtshof ICC in Den Haag ein Verfahren gegen die nordkoreanische Führung zu beantragen. Nur 19 Länder stellten sich hinter Nordkorea. 55 enthielten sich der Stimme. Das wochenlange intensive Lobbying von Pjöngjang hat also nicht gefruchtet. Deutlich abgelehnt wurde auch ein Vorstoss Kubas, das versuchte, die Resolution zu verwässern.
Veto Chinas und Russlands gewiss
Nach der klaren Entscheidung im zuständigen dritten Komitee der UNO-Generalversammlung für die Resolution, ist die Zustimmung im Plenum eine Formsache. Dennoch sitzen die nordkoreanischen Menschenrechtsverbrecher noch längst nicht auf der Haager Anklagebank. Denn dafür müsste auch noch der UNO-Sicherheitsrat zustimmen. Dort aber werden China und Russland dem Kim-Regime mit ihrem Veto zu Hilfe eilen.
Trotzdem bezeichnen Menschenrechtsorganisationen die Resolution als historisch. Die Zeit für Gerechtigkeit sei gekommen, sagt etwa Kenneth Roth, Direktor von Human Rights Watch. Ähnlich argumentierte in der Debatte die Schweiz, die auch im Namen Australiens, Liechtensteins, Islands und Norwegens sprach: Es gebe erdrückende Belege für die nordkoreanischen Verbrechen gegen das eigene Volk.
Drohungen aus Pjöngjang
Auch wenn der Weg nach Den Haag noch lang ist, so spüren Nordkoreas Machthaber, dass der internationale Druck auf sie nun gewachsen ist. Wütend fiel ihre Reaktion aus. Von einer ungeheuerlichen Verschwörung ist darin die Rede, vom Versuch, Nordkorea von der Landkarte zu tilgen. Ausserdem droht Pjöngjang neue Atomversuche und Aufrüstung an, angeblich um das nordkoreanische Volk zu schützen.
ICC ist Kim Jong-Un nicht egal
Mit einer diplomatischen Offensive hatte die nordkoreanische Führung zu verhindern versucht, dass in der Resolution Bezug auf den Internationalen Strafgerichshof ICC genommen wird und startete schon vor Wochen eine diplomatische Offensive.
Plötzlich standen Pjöngjangs Botschafter für Interviews zur Verfügung. Plötzlich und erstmals erhielt der UNO-Sonderbeauftragte eine Einladung ins Land. Ein hochrangiger Emissär Nordkoreas sprach bei Wladimir Putin in Moskau vor. Und mithilfe Kubas wurden afrikanische Staaten bearbeitet, damit sie gegen die Resolution stimmen. Der ICC ist dem jungen Diktator also nicht egal.