Augen zu und durch – der Countdown für das «Fifa-Himmelfahrtskommando» wird nicht abgebrochen: Die Wahl des neuen Präsidenten beim taumelnden Fussball-Weltverband soll trotz der Skandale und Sperren gegen Spitzenfunktionäre wie geplant am 26. Februar 2016 über die Bühne gehen.
Nach einer vier Stunden dauernden Dringlichkeitssitzung lehnte das Exekutivkomitee (Exko) um den krisengeschüttelten Boss des deutschen Fussball-Bundes, Wolfgang Niersbach, in Zürich eine Verschiebung ab.
Blatter und Platini nicht an Exko-Sitzung
Damit bleibt es auch beim Ende der Bewerbungsfrist am kommenden Montag. «Die Fifa bestätigt den 26. Februar als Termin des ausserordentlichen Kongresses», hiess es in einem offiziellen Tweet der Fifa, deren Protagonisten rund um Interimspräsident Issa Hayatou (Kamerun) sich nicht den Medien bei einer Pressekonferenz stellen wollten.
Die Diskussion um eine Wahl-Verschiebung war nach den 90-Tage-Sperren für den scheidenden Amtsinhaber Joseph S. Blatter und Präsidentschafts-Anwärter Michel Platini aufgekommen. Weder der Fifa-Boss (79) noch der UEFA-Chef (60), die von der Fifa-Ethikkommission einer dubiosen Zahlung von zwei Millionen Schweizer Franken aus dem Verkehr gezogen wurden, durften an der Exko-Sitzung teilnehmen.
Platini immer noch mit kleiner Chance
Nach dem Votum gegen eine Verschiebung gilt der Ausgang der Wahl als völlig offen. Vor allem weil hinter Platini, der vor seiner Sperre als grosser Favorit galt, grosse Fragezeichen stehen. Nach dem derzeitigen Stand der Dinge dürfte der Franzose den Integritäts-Check der Fifa für die Kandidatur nicht bestehen. Allerdings öffnet die Fifa ein Hintertürchen: Die Wahlkommission unter dem Vorsitz von Domenico Scala wird den Integritäts-Check für derzeit gesperrte Präsidentschaftsanwärter nicht durchführen, so lange diese verbannt sind.
Sollte die Sperre noch vor dem Wahlkongress enden oder aufgehoben werden, wird die Kommission über den weiteren Umgang mit dem Kandidaten entscheiden.
Noch ist unklar, wer sich nebst Platini zum «Herrn über die Skandale» wählen lassen möchte. Hinter dem früheren Fifa-Vizepräsident Chung Mong-Joon aus Südkorea steht aufgrund seiner Sechs-Jahre-Sperre ein noch grösseres Fragezeichen als hinter Platini. Dem jordanischen Prinzen Ali bin Al Hussein, Brasiliens Idol Zico und David Nakhid (Trinidad und Tobago) werden kaum Chancen eingeräumt.
Scheich Salman bin Ibrahim al Khalifa, Oberhaupt des asiatischen Verbandes AFC, möchte zwar offensichtlich («Ich bin von einer wachsenden Zahl von führenden Fussballfunktionären, Fifa-Mitgliedern und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens zur Bewerbung aufgefordert worden») – gegen den Bahrainer werden allerdings schwere Vorwürfe erhoben. Nach Angaben des Sportmagazin «kicker» ermittelt die Ethikkommission gegen das Exekutivmitglied wegen eines Verdachts auf Verletzung von Menschenrechten.
Und der Südafrikaner Tokyo Sexwale ist bisher nur der Wunschkandidat des ebenfalls ins Zwielicht geratenen Franz Beckenbauer. Beckenbauers Empfehlung dürfte durch die Spekulationen um die angeblich ebenfalls gekaufte WM-Endrunde 2006 in Deutschland kaum noch internationales Gewicht haben.
Transparenz bei den Bezügen
Das Komitee setzt sich ausserdem für eine Offenlegung der Bezüge aller führenden Fifa-Funktionäre ein und plädiert dafür, die bisherigen Vollmachten der Fifa-Exekutive zu beschneiden. Das Exekutivkomitee solle im Zuge der Reformen zudem in Fifa-Rat umbenannt werden, weil es nur noch eine strategische Rolle spielen solle. Das Gremium soll nicht mehr über die Einrichtung oder Verwendung der Gelder aus Fonds entscheiden dürfen. Der Generalsekretär soll als Geschäftsführer der Fifa agieren und dem Rat Bericht erstatten.
Das vom früheren IOC-Generaldirektor François Carrard geleitete Reformkomitee empfahl zudem einen kulturellen Wandel. Gemachte Fehler müssten eingestanden und die Verantwortung übernommen werden. Fans und Sponsoren würden künftig nur noch vollständige Transparenz akzeptieren.