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International Wie Frankreich seine Steuersünder in die Knie zwingt

François Hollande will härter gegen Steuerflüchtlinge vorgehen. Eine entsprechende Gesetzesvorlage ist verabschiedet, jetzt hat das französische Parlament diese abgesegnet. Eine Diskussion mit Brisanz – für die Schweiz.

50 Milliarden Euro – so viel Geld schleusen französische Steuerflüchtlinge jährlich am Staat jährlich vorbei, schätzen Finanzpolitiker. Aber nicht mehr lange. Den Steuersündern soll das Leben schwer gemacht werden. Schon im April verabschiedete deshalb die französische Regierung eine Gesetzesvorlage zuhanden der Assemblée nationale. Die Ansage von Präsident François Hollande war deutlich: «Die Steuerparadiese müssen trocken gelegt werden.» Gemeint ist auch die Schweiz. Dabei sind bislang verbotene Mittel recht, um entgangene Steuern einzutreiben.

Zu diesen Mitteln zählt: Steuersündern via Daten-CDs auf die Schliche kommen. Die Gesetzesvorlage sieht vor, dass Steuerfahnder Daten-CDs nur verwenden dürfen, wenn die Justiz involviert ist. SRF-Frankreich-Korrespondent Michael Gerber führt aus: «Sie möchte Steuerfahndern erlauben, Daten-CDs auch ohne Wissen der Justiz erwerben.»

Nun hat die Assemblée zugunsten der Pläne entschieden. Schon in einem Monat soll das Gesetz in Kraft treten. Bis dahin haben reuige Steuer-Sünder eine Gnadenfrist, ihre versteckten Konten offenzulegen – zu milderen Bussen und ohne Strafverfahren.

Finanzbehörden heiss begehrt

Klar ist: Die Luft für Steuersünder wird dünner. Für Schweizer Banken bedeutet dies: «mögliche neue Verfahren wegen Beihilfe zur Steuerflucht», sagt Gerber. Gegen die UBS und die Genfer Privatbank Reyl wird bereits ermittelt.

Noch bevor das neue Gesetz verabschiedet wurde, hatten einige Steuersünder die Flucht nach vorne ergriffen. Wohl aus Angst. 5000 Personen meldeten sich Medienberichten zufolge bei den französischen Finanzbehörden.

Auf Falciani folgte Cahuzac

Zwei grosse Skandale waren der aktuellen Diskussion vorausgegangen: einer um Hervé Falciani, ein anderer um Jérôme Cahuzac. Ersterer Ex-Informatiker bei der Bank HSBC in Genf, zweiter sozialistischer Ex-Minister.

Der Fall Falciani:

Hervé Falciani klaute vor fünf Jahren 130'000 Kunden-Dossiers in der Genfer HSBC-Filiale und spielte diese den französischen Behörden zu. Das brachte der Staatskasse mehrere 100 Millionen Euro ein – bis das Kassationsgericht diese Eintreibe-Technik im Februar 2012 für illegal erklärte. Mit dem neuen Gesetz könnte dies erlaubt werden.

Hintergrund

Der Fall Cahuzac:

Jérôme Cahuzac musste seinen Posten als Budgetminister im März dieses Jahres aufgeben. Zum Verhängnis wurde ihm ein geheimes Schweizer Bankkonto bei der UBS. 600‘000 Euro deponierte Cahuzac auf dem Konto. Geld, das er am französischen Fiskus vorbei schleuste. Der Skandal stürzte die Regierung Hollandes in eine Krise. Der Präsident war um Schadensbegrenzung bemüht und verordnete allen Ministern, ihre Besitzverhältnisse offenzulegen haben.

Bald weitere Steuersünder am Pranger?

Wird sich der Ton gegenüber der Schweiz mit dem neuen Gesetz verschärfen? Frankreich-Korrespondent Gerber glaubt, dass nicht das Gesetz an sich den Ton verändert. «Verschärfen wird er sich, sollten weitere prominente Steuerflüchtlinge geschnappt werden.» Eine solche Enthüllung dürfte eine «neue Welle der Entrüstung auslösen gegenüber der Person und seinen Helfern. Und damit womöglich einmal mehr gegenüber Angestellten von Schweizer Banken».

Es scheint eine Frage der Zeit, bis neue Namen publik werden. Pierre-Condamin Gerbier, ein ehemaliger Mitarbeiter der Bank Reyl, drohte letzte Woche damit, eine Liste von Personen zu veröffentlichen, welche ihr Geld in der Schweiz verstecken. Laut Gerber ist Cahuzac nicht der einzige Politiker mit einem Geheimnis.

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