SRF News: Zuerst stolpert der Gründer über rechtsextreme Äusserungen. Jetzt hat seine Nachfolgerin ihr Amt niedergelegt, und mit ihre mehrere Mitglieder des Organisationskomittees. Ist das das Ende von Pegida?
Sabrina Zajak: Auf jeden Fall trägt es zum Abflauen der Bewegung bei und leitet das Ende ein. Die Abspaltungen werden sich noch eine zeitlang halten, es ist auch wahrscheinlich, dass sich ein radikalerer Kern hält. Diese möglicherweise geteilten, «Doppel-Pegida»-Demonstrationen in Dresden, wie sie momentan angedacht sind, werden sich aber nicht lange halten.
Sie untersuchen generell die Entstehung und das Ende von Protestbewegungen. Hat Sie der Moment, in dem Pegida vor dem Aus steht, überrascht?
Nicht so sehr. Wir hatten schon letzte Woche über ein baldiges Ende der Bewegung spekuliert. Natürlich lässt sich so etwas nie klar vorhersehen. Man kennt aber Faktoren, die ein Ende solcher Bewegungen wahrscheinlich machen. Eine Zersplitterung, gerade auf dem Höhepunkt, ist eigentlich nicht so überraschend. Die Pegida hat gemerkt: Wir müssen jetzt konkreter werden. Sie war aber nicht in der Lage, ein gemeinsames politisches Programm zu formulieren.
Pegida hat in den letzten Wochen enorm viel Aufmerksamkeit erhalten. War sie damit schlicht überfordert?
Die Bewegung setzte stark auf «Nicht-Kommunikation». In dem Moment, wo kommuniziert wurde, hat sie gemerkt, dass sich ihre Positionen nicht halten lassen. Sie hielt dieser kommunikativen Öffnung nicht stand. Diese proklamierten Selbst-Legitimationsversuche «Wir sind das Volk!» funktionieren nur, solange ich mich abschotte. Die anderen sind die Lügner, die mich missverstehen. Sobald sie wirklich versuchten, zu kommunizieren, haben sie gemerkt: Die Argumente lassen sich nicht in die Allgemeinheit tragen.
Das heisst aber: Eigentlich haben die Politiker, die mit Pegida einen Dialog gesucht haben, der Bewegung einen Bärendienst erwiesen. Sie haben sie gezwungen, Stellung zu beziehen – und das konnten sie nicht.
Einerseits ja. Die Organisatoren haben selbst gemerkt, dass ihre Ideen nicht kommunizierbar, nicht in die Mitte zu tragen sind. Zum anderen ist es natürlich ein zweischneidiges Schwert: Erst dadurch, dass Pegida soviel öffentlicher Raum zugestanden wurde, wurde das Phänomen überhaupt erst so stark.
Sobald sie wirklich versuchten, zu kommunizieren, haben sie gemerkt: Die Argumente lassen sich nicht in die Allgemeinheit tragen.
Pegida steht für unglaublich vieles: Man ist gegen Islamisierung, man ist für faire Lebensbedingungen von Flüchtlingen und mehr direkte Demokratie. Steht Pegida einfach für viel zu viel?
Mit Blick auf das Programm mag das vorderhand stimmen. Es ist sehr komplex, sehr vage und zum Teil auch sehr widersprüchlich. Das ist aber bewusst so gehalten worden, um eben möglichst breit zu mobilisieren und die verschiedenen Strömungen miteinander zu verbinden. Wenn man daraus versucht, gemeinsame klare Positionen zu formulieren, funktioniert das nicht. Nicht einmal in der Führungsriege klappte der Versuch, mit «Wir sind das Volk!» Einheit zu symbolisieren.
Die Menschen, die für Pegida auf die Strasse gegangen sind, sind ja nicht weg. Suchen sie sich nun ein anderes Ventil?
Es ist ja eine sehr «zusammengemixte» Bewegung. Diejenigen, die sowieso bereit wären, ihre radikalen Forderungen in die Öffentlichkeit zu tragen, werden das auch weiter tun. Viele andere werden sich nicht mehr trauen, sich mit diesem übrig gebliebenen Kern assoziieren. Sie wollen das auch nicht.
Das Gespräch führte Roman Fillinger.