Vor dem G20-Gipfel mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin an diesem Wochenende in Australien hat sich der Konflikt in der Ostukraine noch einmal deutlich verschärft. «Der einzige Grund, warum noch kein offener Krieg begonnen hat, ist die Zurückhaltung der Ukraine», sagte Kiews UNO-Botschafter Juri Sergejew bei einer Sondersitzung des Sicherheitsrats in New York.
Er warf Russland vor, mit der Unterstützung der moskautreuen Separatisten eine friedliche Lösung zu torpedieren. Russlands UNO-Diplomat Alexander Pankin wies die Vorwürfe als «propagandistische Fälschung» zurück.
Russlands Premier Dmitri Medwedew sagte: «Die Sanktionen des Westens müssen aufgehoben und die Beziehungen normalisiert werden».
Zeichen der Schwäche?
Unterdessen verlegte Russland vier Kriegsschiffe vor die Küste Australiens. «Die Bewegung dieser Schiffe steht völlig im Einklang mit den Vorschriften der internationalen Gesetze, wonach sich Militärschiffe in internationalen Gewässern frei bewegen können», teilte Australiens Verteidigungsministerium mit.
Auf den ersten Blick erscheine dies natürlich als Machtdemonstration, sagte SRF-Korrespondent Christof Franzen in der «Tagesschau». Doch er glaube inzwischen mehr, dass es ein Zeichen der Schwäche sei.
«Putin weiss genau, dass er weder in einem Wirtschaftskonflikt noch in einer militärischen Auseinandersetzung mit den USA und dem ganzen Westen mithalten kann. Aber Putin hat in diesem geopolitischen Konflikt eine wichtige Trumpfkarte und das ist seine Unberechenbarkeit», sagte Franzen weiter. Der Kremlchef habe in den letzten Monaten gezeigt, dass er bereit ist, hunderte, wenn nicht sogar tausende russische Menschenopfer in Kauf zu nehmen.
«Ich glaube, es ist genau diese Unberechenbarkeit und diese Bereitschaft zum Konflikt – die ihn von der EU und vom Westen unterscheiden – die den Kreml zu einem sehr gefährlichen Gegner machen», so Franzen.
Kämpfe gehen trotz Waffenruhe weiter
Aus dem Krisengebiet Donbass berichtete die Pressestelle der ukrainischen «Anti-Terror-Operation» von mehr als 40 Angriffen auf ihre Einheiten durch die Aufständischen innerhalb von 24 Stunden. Dabei seien mehrere Soldaten getötet oder verletzt worden, hiess es. Die Separatisten sprachen ihrerseits von Artillerieangriffen der Regierungstruppen unter anderem in der Grossstadt Donezk.
Mit Nachdruck wies Moskau Vorwürfe des Westens und der pro-europäischen Führung in Kiew zurück, in der Ostukraine würden russische Soldaten an der Seite der Aufständischen kämpfen. «Wer solche Fakten hat, soll diese vorlegen», sagte ein Aussenamtssprecher. Alles andere seien «erlogene Behauptungen».
«Ich sage ganz offiziell, es gibt keine militärischen Bewegungen über die Grenze und keinen unserer Militärangehörigen auf dem Territorium der Urkraine – und es hat auch keinen gegeben», so der Sprecher weiter.
Der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) zufolge waren innerhalb der vergangenen Woche 665 Menschen in Militärkleidung in beiden Richtungen über die russisch-ukrainische Grenze gegangen. Dies sei die bislang höchste beobachtete Zahl seit Beginn des OSZE-Mandats. Waffen hätten die Beobachter nicht gesehen.