Im neu aufgebrochenen Nahostkonflikt hat der Iran den Palästinensern erneut seine Unterstützung offiziell zugesichert. Allerdings falle diese Unterstützung trotz markiger Worte diesmal verhaltener aus als in anderen Jahren. Warum das so ist, sagt Iran-Korrespondentin Katharina Willinger von der ARD.
SRF News: Dass Iran die Palästinenser und auch die radikalislamische Hamas unterstützt, ist kein Geheimnis. Weiss man, wie diese Unterstützung aussieht?
Katharina Willinger: Da ist zum einen die verbale Solidarität. Der Staat Israel gilt beiden als Erzfeind. Das ist nichts Neues. Neben den Worten sieht diese Unterstützung so aus, dass die Islamische Republik hohe jährliche Zahlungen an die Hamas leistet. In den vergangenen Jahren sollen diese Zahlungen zugenommen haben. Die Rede war zuletzt von 30 Millionen Dollar pro Monat. Weiter gehen Beobachter davon aus, dass die Produktion von Waffen über iranische Zahlungen mitfinanziert wird und dass Iran auch das entsprechende Wissen an die Hamas vermittelt.
Man geht davon aus, dass die meisten Raketen inzwischen vor Ort, im Gazastreifen selbst, hergestellt werden.
Aus dem Gazastreifen wurden gemäss der israelischen Armee rund 1600 Raketen auf Israel abgefeuert. Stammen diese aus Iran?
Man geht davon aus, dass die meisten Raketen inzwischen vor Ort hergestellt werden, also im Gazastreifen selbst. Seit dem Militärputsch in Ägypten 2013 ist die Grenze zu Gaza weit weniger durchlässig, aber vorher soll auf diesem Weg sehr viel dorthin gelangt sein, eben aus dem Iran. Nun soll die Hamas inzwischen Waffen auch nachbauen können, durch entsprechende Ausbildung ihrer Mitglieder im Libanon und im Iran. Vermutlich findet auch weiterhin Schmuggel statt – von Einzelteilen und Zubehör nach Gaza. Da gibt es wohl Tunnel, von denen man ab und zu hört.
Wie positioniert sich der Iran aktuell in diesem Konflikt?
Nun, es gab ein Telefonat des iranischen Aussenministers mit dem Hamas Chef und ein weiteres mit einem Vertreter des Islamischen Dschihad aus Gaza. Der Revolutionsführer Ajatollah Khamenei hat getwittert, dass die Palästinenser noch stärker sein müssten als zuvor und dem Feind entgegentreten müssten. Das hört sich für Ihre Zuhörerinnen und Zuhörer sicher nach starken Reaktionen und starken Worten an, ist aber – um eine Einordnung zu liefern – für die politische Führungsebene des Irans bisher auffällig zurückhaltend.
Die Regierung hat ein Interesse daran, dass die Gespräche in Wien zu einem erfolgreichen Abschluss kommen.
Was sind die Gründe dafür?
Ich habe zwei Erklärungen. Zum einen hat die Regierung ein Interesse daran, dass die Gespräche in Wien zu einem erfolgreichen Abschluss kommen. Aber natürlich bleibt der Iran gegen Israel positioniert, auch weiterhin. Zum anderen herrscht in der iranischen Bevölkerung grosser Unmut darüber, in welchem Mass das iranische System Gruppen im Ausland unterstützt, während es den Menschen im Iran wirtschaftlich von Tag zu Tag schlechter geht.
Ist der Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern auch Thema in der Bevölkerung?
Ja, doch dominierend sind die anstehenden Präsidentschaftswahlen im Iran Mitte Juni. Was den aktuellen Konflikt angeht, da sind die Meinungen unterschiedlich. Zum einen gibt es diese Kritik an den Geldzahlungen des Irans an die Hamas. Da geht es vor allem darum, dass Gelder in Krieg und Waffen gesteckt werden, während es im Iran eine handfeste Wirtschaftskrise gibt. Überspitzt formuliert haben die Leute nichts zu essen.
Beim Grundkonflikt zwischen Israel und Palästina fällt auf, dass selbst Iraner, die das eigene Regime ablehnen, sich oftmals solidarisch mit Palästina zeigen. Das trifft aber definitiv nicht für alle Iraner zu.
Das Gespräch führte Salvador Atasoy.