«Sie müssen wissen, ich bin nicht gefährlich», sagt Ajdin B. Der Lausanner ist seit Monaten in Haft. Er will nur eines: Zurück in die Schweiz – auch wenn er zehn Jahre ins Gefängnis müsse. «Ich muss für meine Fehler büssen», sagt er. Er bereue, nach Syrien gereist zu sein. «Es war ein Fehler. Das tut mir sehr leid», erzählt er dem Journalisten.
Die «Rundschau» und der «Tages-Anzeiger» konnten drei Schweizer, die in Gefängnissen in Nordsyrien sitzen, interviewen. Die kurdischen Einheiten, welche die Gefängnisse kontrollieren, haben offenbar ein Interesse daran, dem Westen zu zeigen, wie viele mutmassliche IS-Kämpfer sie inhaftiert haben.
Kritik an die Schweiz
Ein anderer Schweizer, Damian G. aus Orbe (VD), stellt Forderungen: «Ich bitte die Schweizer Regierung, mich und die anderen Schweizer hier zurückzuholen», sagt der Westschweizer. Er frage sich, warum die Schweiz nichts mache. «Ihr redet von Menschenrechten, von der Genfer Konvention», doch nichts passiere. «Ich bin sehr enttäuscht.»
Die Männer sind von der Aussenwelt komplett abgeschirmt, wissen nicht, dass es das Kalifat der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) nicht mehr gibt. Sie konnten einzig über das Rote Kreuz Nachrichten an ihre Familien schicken.
Treue und gefährliche IS-Kämpfer?
Was die drei IS-Anhänger während den letzten Jahren in Syrien und im Irak getan haben, lässt sich schwer überprüfen. Zwei von ihnen sind erst zu einem Zeitpunkt nach Syrien gereist, als die Gräueltaten des IS bereits bekannt waren. Und zwei wurden in den letzten umkämpften Dörfern verhaftet, wo nur die treusten Anhänger bis zum Schluss Widerstand leisteten.
Heute beteuern alle drei, man habe aus dem «Islamischen Staat» nicht fliehen können. Alle haben im Kalifat eine Familie gegründet. Ihre Frauen, eine davon eine Schweizerin, sind mit den Kindern in Camps.
Ich frage mich, warum ihr in der Schweiz, in Europa, in der Welt, nichts für uns macht?
Auffällig: Die inhaftierten IS-Anhänger sind ausgemergelt und in schlechtem gesundheitlichem Zustand. «Es gibt nur sehr wenig zu essen», sagt der Islam-Konvertit Daniel D. aus Genf. Nach ihm wurde international gefahndet, da er in engem Kontakt stand mit einem Mann, der mit den Bataclan-Attentaten in Frankreich in Verbindung gebracht wird. Heute belastet Daniel D. diesen – unterdessen getöteten – Freund schwer.
Vorwürfe: Hunger und Folter
Viele der rund 5000 Insassen im wohl grössten Gefängnis für Kämpfer und Unterstützer des IS wurden nach dem wochenlangen Kampf um die letzte IS-Bastion im syrischen Baghuz verhaftet: Halb verhungert, verletzt und krank.
Davon haben sich viele kaum erholt. Beim Besuch der «Rundschau» im überfüllten Gefängnis wird gerade gekocht. Die kurdischen Sicherheitskräfte betonen, dass man die Gefangenen korrekt behandle. Aber: Es ist nicht auszuschliessen, dass die Gefangenen nur die knapp nötige Nahrung bekommen, um nicht zu verhungern.
Der Schweizer Damian G. spricht sogar von Folter: «Die Haftbedingungen in den kurdischen Gefängnissen sind sehr schwierig: Zwischen Folter, schlechter Behandlung und fehlender Hygiene.» Dazu komme Schlafentzug, fehlendes Wasser und psychologischer Stress. Die Insassen würden geschlagen. Überprüfen lassen sich diese Angaben allerdings nicht.