Die USA wollen im Jemen-Krieg die von Saudi-Arabien geführte Militärkoalition nicht länger unterstützen. Das sagte US-Präsident Joe Biden am Donnerstag in einer Grundsatzrede zur Aussenpolitik. Man wolle stattdessen der UNO bei ihren Bemühungen helfen, eine Waffenruhe zu erreichen.
SRF News: Könnte die Ankündigung von US-Präsident Biden das Ende des seit 2015 dauernden Jemen-Konflikts einläuten?
Guido Steinberg: Das ist sehr gut möglich. Biden hat angekündigt, dass er alle Unterstützung für die Saudis in ihrem Krieg einstellt. Ohne amerikanische Hilfe sind die Saudis noch nicht einmal in der Lage, ihre Flugzeuge zu fliegen. Das sind amerikanische Jets, die auch von amerikanischen Spezialisten gewartet werden.
Auch die US-Hilfe bei der Erstellung der Zieldaten wird eingestellt. Ich kann mir unter solchen Umständen nicht vorstellen, wie der saudische Krieg in der Luft weitergehen soll. Den Krieg haben die Saudis vor allem aus der Luft geführt. Sie können ihn nicht ohne amerikanische Hilfe fortsetzen.
Die Saudis können diesen Krieg nicht ohne amerikanische Hilfe führen.
Saudi-Arabien hatte in den Jahren unter Präsident Trump eine sehr enge Beziehung zu Washington. Kühlt sie jetzt ab?
Auf jeden Fall. Biden nannte Saudi-Arabien bereits im Wahlkampf einen «Paria-Staat» und machte früh klar, dass er die Hilfe für den Jemen-Krieg reduzieren will. Die Saudis werden sich jetzt überlegen müssen, wie sie überhaupt noch Ziele im Nachbarland erreichen können, um ihre Hauptgegner, die Huthis, zu schwächen.
Zwar laufen Verhandlungen mit den USA, aber bei diesen werden die Saudis jetzt in einer sehr viel schwächeren Position sein. Letzten Endes bedeutet das für sie eine Niederlage und sie werden zusätzliche grosse Mühe aufwenden müssen, wie sie ihr Verhältnis zur Biden-Administration wieder zu reparieren.
Was bedeutet die Ankündigung Bidens generell für die Golfregion?
Das wird sich wahrscheinlich schon heute andeuten, wenn Biden mit seinen wichtigsten aussen- und sicherheitspolitischen Beratern darüber sprechen wird, ob und in welcher Form neue Gespräche mit Iran über das Atomprogramm beginnen sollen. Darauf werden die Golfstaaten auch schauen, weil das iranische Atomprogramm aus ihrer Sicht die wichtigste regionalpolitische Frage ist.
Jemen ist in gewisser Weise eine Funktion des Verhältnisses zu Iran, weil die Huthi-Rebellen als wichtigste Gegner der Saudis und Emiratis in Jemen eng mit Iran verbündet sind. Die Weichen könnten deshalb schon heute in Washington gestellt werden.
Jemen ist in gewisser Weise eine Funktion des Verhältnisses zu Iran.
Biden will auch die UNO bei ihren Bemühungen um eine Waffenruhe unterstützen. Wie könnte das aussehen?
Eine solche Waffenruhe kann innerhalb von wenigen Tagen in Kraft treten. Es gibt bereits Gespräche zwischen den Saudis und den Huthi-Rebellen unter UNO-Vermittlung. Nun steigt einfach der Druck auf die Saudis, zunächst einmal ihre Angriffe einzustellen.
Aus saudischer Sicht ist eine Niederlage sehr nahe gerückt.
Wenn sie das nicht tun und die Amerikaner ihre Unterstützung zurückziehen, müssen sie das innerhalb von zwei oder drei Wochen tun, weil sie ihre Flugzeuge möglicherweise gar nicht mehr in die Luft bekommen. Das heisst, dass ein Ende des Krieges ganz nahe gerückt ist. Aus saudischer Sicht ist eine Niederlage sehr nahe gerückt.
Das Gespräch führte Claudia Weber.