Worum geht es? Die 21-jährige Norwegerin Karen Kyllesø hat am Dienstag ganz alleine auf Langlaufskis den Südpol erreicht – nach 54 Tagen. Sie ist damit die jüngste bekannte Person, die jemals am Südpol war. Den bisherigen Rekord hielt der 26-jährige Franzose Pierre Hedan.
Wie lange dauerte die Vorbereitung? Karen Kyllesø hat sich während sechs Jahren akribisch auf das Abenteuer vorbereitet. Sie war 2018 die erste junge Frau, die Grönland mit Langlaufskis durchquert hat.
Was sind die Schwierigkeiten? Die deutsche Extremsportlerin Anja Blacha, die heute in der Schweiz lebt, war 2020 selbst als erste Frau alleine am Südpol. Sie sagt: «Man muss sich auf alles vorbereiten. Sturm ist sicherlich eine der grossen Eventualitäten, also sehr starke Winde. Damit geht auch eine unglaubliche Kälte und die Gefahr von Erfrierungen und Unterkühlungen einher.» Eine andere grosse Gefahr seien die Gletscherspalten.
Eine so anspruchsvolle Expedition ist kein Selbstfindungstrip.
Macht man das, um sich selbst zu finden? Da ist Blacha sehr ehrlich. «Meine persönliche Erkenntnis ist, dass eine anspruchsvolle Expedition kein Selbstfindungstrip ist. Man ist zu sehr mit dem Umsetzen beschäftigt, um innerhalb der begrenzten Ressourcen ans Ziel zu kommen.»
Was sind die mentalen Herausforderungen? Die mentale Leistungsfähigkeit sei wichtig, sagt die Extremsportlerin. «Man muss immer motiviert oder diszipliniert bleiben, um die Selbstwirksamkeit zu erleben.» Immer wieder müsse man sich selbst pushen, um sich jeden Tag durch die Kälte zu kämpfen. Für Blacha beginnt die Herausforderung schon bei der Zielsetzung: Man müsse sich darüber im Klaren sein, was man überhaupt erreichen wolle.
Was muss man beherrschen? Sie habe gelernt, wie man mit Langlaufskiern und dem Kochsystem umgehe sowie wie das mit der Navigation funktioniere, sagt Blacha. Dazu habe sie ein Training in Norwegen und in Grönland gemacht. «Dabei habe ich alles auf Herz und Nieren getestet, um zu sehen, ob es überhaupt so funktioniert, wie ich es mir gedacht habe.» Alles müsse einbezogen werden, vom Kalorienverbrauch bis zum Schlitten, den sie – wie auch Karen Kyllesø – die ganze Strecke mitgezogen hat.
Ist der Schlitten nicht zu schwer? Am Anfang betrug das Gewicht von Karen Kyllesøs Schlitten 100 Kilo, mit der Zeit wurde er etwas leichter. Blacha erklärt: «Es ist sehr unterschiedlich, wie sich das Gewicht des Schlittens anfühlt. Das hat mit der Beschaffenheit des Schnees zu tun.» Bei glatter, eisiger Oberfläche sei der Schlitten leicht zu ziehen. Doch der Schnee könne auch weich sein, klebrig oder trocken, und dann wirke der Schlitten wie ein Betonklotz, den man an den Hüften mitziehen müsse.
Was fühlt man, wenn man endlich ankommt? Karen Kyllesø hat es gegenüber dem norwegischen TV-Sender TV2 so beschrieben: «Natürlich habe ich mich gefreut, aber ich muss zugeben, dass es für mich etwas seltsam war, die Welt, in der ich mich zwei Monate lang befunden hatte, wieder zu verlassen.» Es sei fantastisch und seltsam gleichzeitig, sagte die junge Frau. «Nach 54 Tagen in der wunderschönen Natur fand ich den Südpol etwas hässlich: Es hat Gebäude und Maschinen, die da eigentlich nicht hingehören.»