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Gräben zwischen Volkswille und Regierungshandeln
Aus Rendez-vous vom 12.09.2023. Bild: Imago
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Junge denken anders als Alte Xi und Putin immer weniger als Bedrohung wahrgenommen

Westliche Regierungen stehen ungebrochen zu Kiew – anders als viele ihrer Wählerinnen und Wähler, zeigt eine Studie.

Aussen- und Sicherheitspolitik ist Chefsache, ist Sache der Regierungen – auch in demokratischen Ländern. Parlamente und die Bevölkerung haben dazu oft wenig zu sagen. Deshalb tun sich – zwischen dem offiziellen Kurs einer Regierung und dem, was deren Wählerinnen und Wähler wollen – bisweilen Gräben auf.

Dies zeigt auch die Studie «Transatlantic Trends 2023» der Denkfabrik German Marshall Fund GMF: Sie hält schlechte Nachrichten bereit für demokratische Länder, die von einer Grossmacht bedroht werden. Für die Ukraine und Taiwan dürften sie ein Schock sein.

Ein guter Teil der Befragten in den USA, Kanada und einem Dutzend europäischer Nato-Mitgliedsländer sieht die Unterstützung ihrer Regierungen für die Ukraine zunehmend skeptisch. «Das wird nun eine ganz grosse Herausforderung für die Regierungen», sagt Gesine Weber vom GMF.

Die Menschen sind zunehmend Ukraine-müde

Sowohl der Rückhalt für die militärische Unterstützung als auch jener für den Wiederaufbau der Ukraine bröckeln. Ukraine-Müdigkeit macht sich breit.

In den USA lehnen vor allem republikanische Wählerinnen und Wähler in rasch wachsender Zahl die fortdauernde Hilfe ab. Auch in Deutschland, Frankreich und Italien ist diese Haltung verbreitet.

Wir sehen ein markantes Auseinanderdriften von Regierungen und öffentlicher Meinung.
Autor: Gesine Weber GMF-Mitarbeiterin und Expertin in Paris

Kaum öffentliche Akzeptanz gibt es für eine allfällige militärische Rückenstärkung für Taiwan, falls dieses von China angegriffen würde. US-Präsident Joe Biden verficht also eine Haltung, die in der Öffentlichkeit immer weniger geteilt wird.

Auch in anderen westlichen Ländern werde der Graben tiefer, sagt Weber vom GMF: «Wir sehen ein markantes Auseinanderdriften von Regierungen und öffentlicher Meinung.»

China trotz Diktatur beliebt

Auffallend auch: Russlands Krieg gegen die Ukraine wird nur von einer Minderheit als grösste sicherheitspolitische Gefahr wahrgenommen. Der Klimawandel und die Migration erscheinen den meisten Befragten als bedrohlicher.

China wird nur von einer Minderheit als Bedrohung wahrgenommen.
Autor: Gesine Weber GMF-Mitarbeiterin und Expertin in Paris

Und während westliche Regierungen auf Distanz zu China gehen und dieses für sie vom Partner zum Feind wird, sehen das viele Bürgerinnen und Bürger anders: «Grundsätzlich wird China nur von einer Minderheit als Bedrohung wahrgenommen», betont die GMF-Vertreterin.

Xi und Putin geben sich die Hand, sie stehen vor Flaggen Chinas und Russlands.
Legende: Die Autokraten Xi und Putin werden von vielen – vor allem jungen – Wählerinnen und Wählern in den Nato-Ländern zunehmend als immer weniger bedrohlich wahrgenommen. Keystone/Mikhail Tereschenko/Sputnik

Entsprechend möchte die Mehrheit der Befragten die Verbindungen zu China nicht reduzieren, sondern intensivieren, vor allem bei Handel und Technologie. Ausgeprägt ist diese Haltung bei den Jungen unter 25 Jahren. Sie nehmen China weitaus positiver wahr, obschon es eine Diktatur ist.

Viele junge Menschen sehen Russland positiv

Sie sehen auch Russland, trotz seiner Aggression, entschieden weniger negativ als die meisten Regierungen der Nato-Länder und auch als ältere Bevölkerungsschichten. Eine starke Minderheit der Jungen bezeichnet Russland sogar als positive Kraft in der Welt.

Insgesamt über 21'000 Personen befragt

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Für die Studie befragte der German Marshal Fund in den USA, Kanada, Grossbritannien, Frankreich, Deutschland, Italien, Portugal, Lettland, den Niederlanden, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden und in der Türkei jeweils rund 1500 Menschen verschiedener Alterskategorien. Die Umfrage wurde zwischen Mitte und Ende Juni 2023 durchgeführt.

Interessant schliesslich: Noch werden die USA als dominierende Macht wahrgenommen, nämlich von 64 Prozent der Befragten. Doch das ändert sich nun rasch, so die GMF-Expertin: «Für mich war überraschend, welch klare Machtverschiebung die Menschen in den nächsten fünf Jahren sehen», sagt Weber.

Viele sehen Washington und Peking schon sehr bald auf Augenhöhe. In Italien, Frankreich und Deutschland sieht man China gar als baldige Nummer eins in der Welt. Fazit: Viel Rückenwind für ihre Aussen- und Sicherheitspolitik gibt es für westliche Regierungen gemäss dieser breitangelegten Umfrage nicht.

Rendez-vous, 12.9.2023, 12:30 Uhr

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