In Afrika südlich der Sahara erhielt noch nicht einmal ein Prozent der Bevölkerung eine Covid-Impfung. Und doch gerät die Impfkampagne in vielen afrikanischen Ländern bereits wieder ins Stocken. Die Gründe dafür sind Lieferschwierigkeiten und falsche Prioritäten afrikanischer Staaten, aber auch die jahrelange Hilfe von aussen.
Optimismus ist verschwunden
Noch im Januar hatte die Afrikanische Union Optimismus versprüht. Sie teilte mit, bereits 670 Millionen Impfdosen für ihre Mitgliedsländer gesichert zu haben. Die Initiative Afrikas fand global Anerkennung.
Unterdessen jedoch zeigt sich, dass die Ankündigungen verfrüht waren. Der Einkauf von Impfstoff ist komplex, der Markt volatil, Absichtserklärungen sind das Papier nicht wert, auf das sie geschrieben werden. Fakt ist: Bisher konnte sich die Afrikanische Union bloss 220 Millionen Dosen des Impfstoffes von Johnson & Johnson sichern, der frühestens im Juli eintreffen wird.
Prioritäten werden anders gesetzt
Afrikas Regierungen verlassen sich primär auf Spenden. Dank der Covax-Initiative zur gerechten Verteilung von Impfstoffen haben die meisten Staaten eine erste Lieferung erhalten. Viele Länder Afrikas aber beschaffen selbst keine Impfungen – weil sie nicht können oder nicht wollen.
Sie setzen ihre Prioritäten anders. Kenia etwa nimmt fleissig Kredite für Infrastrukturprojekte auf und leistet sich eines der teuersten Parlamente der Welt. Doch erst nach Protesten aus der Bevölkerung kündigte die Regierung an, selbst Impfstoff erwerben zu wollen.
Es herrscht ein Impfchaos
Dazu kommt, dass in vielen Staaten Afrikas ein Impfchaos herrscht. In Malawi und Südsudan müssen abgelaufene Impfdosen vernichtet werden. Ghana hat schon fast alle erhaltenen Dosen verimpft – nun fehlt der Stoff für den zweiten Stich. In Kenia wurde der russische Impfstoff Sputnik V kommerziell angeboten, und nach einer Empörungswelle wieder verboten.
Dazu kommt, dass die Impfskepsis in Afrika gross ist. Die Sicherheitsbedenken westlicher Länder, was etwa die Impfstoffe von Astra-Zeneca oder Johnson & Johnson betrifft, spielen dabei sicher mit.
Nicht zuletzt hat Afrikas Gesundheitssystem ein strukturelles Problem. Die Gesundheitsversorgung ist von Spenden und Hilfsorganisationen abhängig. Der Kontinent besitzt kaum eine eigene Pharmaindustrie. 99 Prozent aller Impfungen auf dem Kontinent werden importiert.
Strukturwandel braucht Zeit
Die Afrikanische Union hat darum letzte Woche eine Impfkonferenz durchgeführt – mit dem Ziel, bis in 20 Jahren die Mehrheit der Impfstoffe selbst herstellen zu können. Das Problem ist erkannt, doch der Strukturwandel braucht Zeit und politischen Willen.
Vorderhand ist Afrika weiter auf Almosen angewiesen – und hat im globalen Verteilkampf um Impfungen keinen Stich.