In Italien gehört die Mafia wie die Pasta zum Alltag. Zwar können immer wieder ganze Mafia-Ringe gesprengt werden, die Organisation aber scheint einen Medusa-Kopf zu haben. Trotzdem geben die italienischen Behörden nicht auf und kämpfen weiter. So wie die Antimafia-Gruppierungen, die in den 1990er Jahren entstanden sind.
In dieser Zeit wurden entscheidende Weichen für den Kampf gegen die Mafia gelegt. 1991 wurde die investigative Antimafia-Direktion gegründet und eine Antimafia-Gesetzgebung eingeführt – gleich nach der Ermordung der bekannten Ermittler Giovanni Falcone und Paolo Borsellino. Sie hatten sich für die Gründung des speziellen Kriminalamts stark eingesetzt, um bei Ermittlungen mehr Freiheiten zu haben. In den 1980er Jahren waren die Mafiajäger jedoch vom Gesetz ausgebremst worden.
Mit ihrem Grundsatz «Die Mafia ist ein menschliches Phänomen. Sie hat ein Anfang aber auch ein Ende» haben die zwei Ermittler den Kampf gegen die Mafia sehr stark geprägt.
Gesetz für die Antimafia
Heute gilt der Spielraum der Ermittler in Italien, besonders in der aktuellen Terrorbekämpfung, sogar als Vorbild für andere Länder. Erlaubt sind zum Beispiel präventive Ermittlungen. Die nationale Antimafia-und-Antiterror-Direktion kann also auch Angehörige und Freunde von Verdächtigen legal überwachen. «Dieser Schritt war und ist sicher entscheidend im Kampf gegen die Mafia und den Terror», so Italien-Korrespondent Philipp Zahn.
Aufklärungsarbeit in Sommercamps
Geboren sind in der Zwischenzeit auch mehrere Antimafia-Organisationen, welche versuchen, die Kultur der Legalität zu verbreiten. «Libera.it» zum Beispiel leistet mit Freiwilligen in Sommercamps Aufklärungsarbeit und betreibt auf konfisziertem Land Bio-Landwirtschaft. Illegales wird dadurch legal. Oder «Addiopizzo» bestärkt Ladenbetreiber, sich gegen Schutzgeld-Forderungen zu wehren.
Organisationen wie auch Lehrer versuchen zudem mit Gedenkfeiern und Studienreisen nach Sizilien junge Leute für das Problem Mafia zu sensibilisieren.
Mafia als Auffangnetz von arbeitslosen Jugendlichen
Klar ist: Um die Situation wirklich zu ändern, braucht es einen Kulturwechsel. Als zu selbstverständlich wird die Existenz der Mafia in Italien wahrgenommen. Genauso wie die «Omertà», das «Gesetz des Schweigens», das in der Bevölkerung tief verankert ist. Es braucht also eine Kultur der Legalität.
«So einfach ist das aber nicht», sagt Italien-Korrespondent Philipp Zahn. Das Problem ist das schwache Wirtschaftssystem. Die Arbeitslosigkeit unter den 15- bis 24-Jährigen in Italien beträgt durchschnittlich über 40 Prozent. «Solange man den Jungen keine Zukunftsperspektive gibt, bleibt das Risiko gross, dass sie auf den falschen Weg geraten», so Zahn.
Gefahr des Brandings «Antimafia»
Ein weiteres Problem ist laut Zahn die Bereicherungsmentalität, die in Italien herrscht. Das birgt die Gefahr, dass generell Macht ausgenutzt wird. Auch die Antimafia hat Macht. So ist es bereits vorgekommen, dass auch in diesem Bereich Korruptionsfälle ans Licht gekommen sind.
Als in den 1990er Jahren die Antimafia-Bewegung an Schwung gewann, wechselten einige umstrittene Politiker ins Antimafia-Lager. «Sie verstecken sich einfach hinter der Flagge», sagt Zahn. Die mafiöse Verbindungen aber blieben.