Am 24. September ist Bundestagswahl. Einen Monat vor dem Tag der grossen Entscheidung in Deutschland spricht fast alles für einen Sieg von Kanzlerin Merkel und ihrer Union. Gemäss Umfragen liegen CDU/CSU 14 Prozentpunkte vor der SPD.
Hoffnung in Trier
Doch der SPD-Kandidat hat seinen Optimismus noch nicht verloren: Tief im Westen weit weg von Berlin, in Trier, feiern hunderte SPD-Anhänger Martin Schulz. In seiner Rede an der historischen Porta Nigra im alten Stadtteil von Trier verspricht er ihnen, Kanzler zu werden. Es sei Zeit, Deutschland gerechter zu machen, was er und die SPD besser können als Merkel und ihre Union. Die SPD-Anhänger bitten nach dem Auftritt um Selfies mit ihrem Kanzlerkandidaten. Schulz erfüllt die vielen Wünsche geduldig.
Wir haben den Wahlkampf erst jetzt richtig begonnen.
Auf die Frage, ob er denn noch Chancen habe, sich weiterhin echte Hoffnungen auf den Sieg mache, sagt Schulz zu SRF: «Ja klar. Das haben sie doch gerade gesehen. Schauen Sie sich doch an, was hier los. Wir haben den Wahlkampf erst jetzt richtig begonnen.» Die Menschen in Deutschland seien zudem immer noch nicht alle aus den Ferien zurück.
Schulz Sieg «eher unwahrscheinlich»
Das ist eine sehr optimistische Einschätzung. Die Umfragewerte der letzten sechs Monate sprechen eine andere Sprache. Merkels Union hat seit Februar von 30 auf 38 Wählerprozent zugelegt. Die Kurve von Schulz‘ SPD hingegen zeigt im selben Zeitraum steil nach unten, von 31 auf heute 24 Prozent.
Schulz müsste es schaffen, eine Wechselstimmung in der Bevölkerung herbeizuführen.
Kann Martin Schulz das Blatt tatsächlich noch wenden oder sind seine Ankündigungen Wunschdenken? Der Berliner Politikwissenschaftler Gero Neugebauer von der Freien Universität Berlin hält einen Sieg von Schulz zwar nach wie vor für möglich, aber für eher unwahrscheinlich: «Nur wenn Schulz es schafft, innerhalb kurzer Zeit einen Bewusstseinswandel herbeizuführen, der eine Wechselstimmung in der Bevölkerung erzeugt, ist ein Sieg möglich.»
Aber Wechselstimmungen werden dann erzeugt, wenn die Unzufriedenheit mit der Regierung in der Bevölkerung sehr gross sei. Und das sei momentan nicht der Fall.
Neue Regierungskoalition in Sicht
Ein Schulz-Sieg ist also zurzeit nicht in Sicht. Mehrere SPD-Spitzenpolitiker liessen zuletzt durchblicken, die SPD werde im Falle einer Wahlniederlage nicht noch einmal als Juniorpartner in einer Grossen Koalition mitregieren. In dem Fall müsste sich Merkel nach der Wahl einen neuen Regierungspartner suchen. Laut Umfragen sind dann eine Koalition mit der FDP oder eine Dreierkoalition mit der FDP und den Grünen am wahrscheinlichsten.
Machen sie sich keine Sorgen!
Davon will Schulz allerdings noch nichts wissen. Er schaue eben nicht wie die meisten Journalistinnen und Journalisten auf die Sonntagsfrage, die Umfrage die alle zwei Wochen erscheint. «Mich interessiert eine einzige Sonntagsfrage und das ist die am 24. September abends um 18 Uhr», so Schulz.
Dann muss Martin Schulz gehen und gibt uns noch einen Rat mit auf den Weg. «Machen sie sich keine Sorgen!»
Bundestagswahl: Die Spitzenkandidaten der Parteien
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Bild 1 von 6. Angela Merkel, CDU/CSU:. Die Kanzlerin gilt als grosse Favoritin der Bundestagswahl. Alle Umfrageinstitute sehen sie vorne. Seit 2005 regiert sie bereits. Nur Konrad Adenauer und Helmut Kohl waren länger im Amt. Ihre SPD-Gegner Gerhard Schröder, Frank-Walter Steinmeier und Peer Steinbrück verloren allesamt gegen sie. Nun wartet ein neuer Gegner. Bildquelle: Reuters.
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Bild 2 von 6. Martin Schulz, SPD:. Als Martin Schulz Ende Januar zum Kanzlerkandidaten der SPD auserkoren wurde, war die Euphorie bei den Sozialdemokraten gross. So schnell die Euphorie kam – so schnell war sie allerdings auch wieder weg. Martin Schulz und die SPD liegen in Umfragen weit hinter der CDU zurück. Dafür wittert eine andere Partei wieder Morgenluft. Bildquelle: Reuters.
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Bild 3 von 6. Christian Lindner, FDP:. Die FDP will zurück in den Bundestag. Bei den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen (NRW) holten die Liberalen bereits 12,6 % der Stimmen. Die Partei setzt voll auf ihren Spitzenmann Christian Lindner. Er soll die FDP wieder zu einer wichtigen Partei in Berlin machen und wenn möglich gleich in die Regierung führen. Bildquelle: Reuters.
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Bild 4 von 6. Katrin Göring-Eckardt und Cem Özdemir, Bündnis 90/Die Grünen:. Wie bereits 2013 setzen die Grünen auf eine Doppelspitze. Wie 2013 ist Katrin Göring-Eckardt Teil davon. Statt Jürgen Trittin ist aber nun Cem Özdemit der Mann an ihrer politischen Seite. Traditionell setzt die Partei auf ökologische Themen. Ob sie vom Diesel-Skandal profitieren kann? Bildquelle: Reuters.
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Bild 5 von 6. Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch, Die Linke:. Bei der letzten Bundestagswahl 2013 wurde die Linke erstmals drittstärkste Kraft in Deutschland. Damals setzte die Partei auf ein achtköpfiges Spitzenteam. Diesmal soll es eine Doppelspitze richten. Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch sollen den Wiedereinzug in den Bundestag sichern. Bildquelle: Reuters.
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Bild 6 von 6. Alice Weidel und Alexander Gauland, AfD:. Auch die «Alternative für Deutschland» setzt auf eine Doppelspitze. Der Nominierung Weidels und Gaulands ging ein innerparteilicher Streit mit Frauke Petry voraus. Petry kandidierte schliesslich nicht. Nun versuchen die Rechtspopulisten ohne ihr Aushängeschild den erstmaligen Einzug in den Bundestag. Bildquelle: Reuters.