«Genau, das sind Tiere», stimmte US-Präsident Donald Trump bei einem Wahlkampfauftritt in Houston im Bundesstaat Texas einem Zwischenrufer zu. Währenddessen sind die Tausenden Migranten – unter ihnen viele Kinder – in Mexiko und kämpfen sich Richtung USA vor.
Vor mehr als einer Woche ist der Zug von Honduras aus gestartet. Inzwischen haben sich immer mehr Menschen der «Karawane» angeschlossen, die in den USA zum Lieblingsthema der Republikaner für die anstehenden Zwischenwahlen geworden ist. Derzeit ist es allerdings der südliche Nachbar Mexiko, der mit der humanitären Ausnahmesituation konfrontiert ist.
Das Land stehe vor einem Dilemma, berichtet Sandra Weiss, Journalistin in Mexiko-Stadt: «Halte ich die Karawane auf, auch wenn damit unter Umständen Menschenrechte verletzt werden? Oder lasse ich die Menschen weitermarschieren auf die Gefahr hin, dass die gemeinsame Grenze zu den USA geschlossen wird?» Genau damit hat US-Präsident Trump in den letzten Tagen gedroht.
Der mexikanische Innenminister sagte, sein Land werde das Völkerrecht und seine internationalen Verpflichtungen respektieren. Wer aber das Gesetz verletze oder keine ordnungsgemässen Papiere auf sich trage, müsse mit der Deportation rechnen.
Es ist beeindruckend, wie gross die Solidarität mit den Menschen in der Karawane ist.
Um die Versorgung der Migranten kümmern sich vor allem kirchliche Netzwerke. Sie haben seit vielen Jahren Erfahrung mit Migrantenströmen aus Mittelamerika und stellen Herbergen und Unterkünfte bereit. Vieles basiere aber auch auf spontaner Hilfe, berichtet Weiss: «Die Einheimischen verteilen Decken, Kleidung und Essen an die Migranten. Es ist beeindruckend, wie gross die Solidarität mit den Menschen in der Karawane ist.»
Geht Mexiko auf Konfrontation mit Trump?
Die Regierung Trump hat mittelamerikanischen Staaten mit der Streichung von Finanzhilfen gedroht, die Migranten ungehindert passieren lassen. Armenhäuser wie Honduras, Guatemala oder El Salvador könnten sich davon durchaus beeindrucken lassen – nicht aber Mexiko, sagt Weiss: «Das Land hängt nicht von Finanzhilfen aus den USA ab.»
Aber: Politisch und wirtschaftlich sei Mexiko auf ein gutes Einvernehmen mit Washington angewiesen. «Gerade erst wurde ja das Freihandelsabkommen neu verhandelt.» Über die gemeinsame Grenze werden täglich Waren im Wert von 1,4 Milliarden US-Dollar hin- und hergeschoben. Eine Grenzschliessung wäre damit auch für die USA schädlich, gibt Weiss zu bedenken: «Mexiko braucht die USA, die USA brauchen aber auch Mexiko.»
Auch gesellschaftlich sind die beiden Länder eng verflochten. In den USA leben mittlerweile 35 Millionen Menschen, die aus Mexiko migriert sind oder von Mexikanern abstammen. Weiss schliesst: «Mit einem Schlag gegen Mexiko schiessen sich die USA ins eigene Knie.»
Zumindest teilweise könnten sich die Spannungen zwischen Mexiko-Stadt und Washington auflösen, wenn die Migranten in Mexiko bleiben würden. Tatsächlich hat die Zahl der Asylanträge aus Mexikos wirtschaftsschwachen Nachbarstaaten in den letzten Jahren zugenommen.
Für viele sei Mexiko durchaus eine «Alternative oder zumindest der Plan B» zu den USA, sagt die Journalistin. Die Wirtschaft sei deutlich stärker als diejenige in ihren Heimatländern, und auch die Sicherheitslage sei besser – trotz des Drogenkriegs in manchen Regionen Mexikos.
Aber: Die USA bleiben aufgrund der weit besseren Löhne, des höheren Lebensstandards und der Tatsache, dass viele Mittelamerikaner bereits Verwandte dort haben, Zieldestination Nummer 1: «Sie setzen deswegen alles daran, über die Grenze zu kommen.»