Was ist passiert? Die mexikanischen Drogenbosse Ismael «El Mayo» Zambada und Joaquín Guzmán López wurden in den USA festgenommen. Beide sind Teil des mächtigsten Drogenkartells Mexikos, des Sinaloa-Kartells. Von der Festnahme berichten mehrere Geheimdienstquellen. Da diese aber ein Interesse an der Meldung der Verhaftung hätten, sei diese mit Vorsicht zu geniessen, sagt der Journalist und Lateinamerika-Kenner Toni Keppeler.
Wer ist «El Mayo»? «El Mayo« ist zusammen mit Vater Guzmán lange Jahre der Chef des Sinaloa-Kartells gewesen.» Das Kartell ist nach dem Bundesstaat Sinaloa benannt und gilt als eines der mächtigsten Drogenkartelle Mexikos. «El Mayo» ist wohl seit 50 Jahren im Geschäft und gilt als Drogenboss der alten Schule: «Er hat nicht wie die jüngeren Drogenbosse das Gehabe, mit dicken Autos zu protzen und mit wahnsinniger Gewalt gegen andere Kartelle vorzugehen.» Stattdessen sei «El Mayo» als Stratege bekannt.
Warum wurden die Drogenbosse nicht in Mexiko verhaftet? «Die Erfahrung zeigt: Wenn Mexiko Drogenbosse verhaftet und verurteilt, kommen diese oft schnell und unter dubiosen Umständen wieder frei», sagt der Lateinamerika-Kenner Keppeler. Schon der Vater der Guzmáns, genannt «El Chapo», entkam zweimal aus einem Hochsicherheitsgefängnis, ehe er bei seiner letzten Verhaftung in die USA überführt wurde. Auch «El Chapo» soll Politiker und Justizbehörden geschmiert haben – laut einer alten Aussage seines Sohnes mit einer Million US-Dollar pro Monat. «Man kann davon ausgehen, dass in Mexiko nun etliche hochrangige Politiker zittern, weil sie zu seinem Korruptionsnetz gehört haben.»
Wie lebte «El Mayo»? Als Drogenhändler alter Schule habe er Wert auf ein sicheres Gebiet gelegt, sagt Keppeler. «In seinem Bundesstaat Sinaloa konnte er sich frei bewegen, niemand hat ihn verraten.» Der Drogenboss habe im Gegenzug versucht, die Zivilbevölkerung herauszuhalten und zudem einen Teil seines riesigen Gewinns gespendet: «Er hat regelmässig Weihnachtsfeiern sowie Schulen finanziert.» So habe er in seiner Gegend als angesehen gegolten.
Wie gelang die Verhaftung? Auch dazu ist noch nichts bestätigt. Gemunkelt wurde, dass sich die beiden freiwillig stellten. «Der Anwalt Zambadas sagt aber, dieser sei entführt worden», sagt Keppeler. Eine Variante ist, dass der Jüngere den Älteren verpfiffen habe. «Der Bruder von Joaquín Guzmán wurde bereits verhaftet. Man kann es als Liebesdienst verstehen, dass Joaquín sich und einen der meistgesuchten Drogenhändler an die USA ausliefert.» Der mögliche Beweggrund: So sollten er und sein Bruder eine etwas niedrigere Strafe bekommen.
Was bewirkt die Festnahme bezüglich Drogenhandel? Wohl kaum etwas. Bereits im einzigen Interview, das «El Chapo» vor 15 Jahren gab, sagte dieser gemäss Keppeler: «Wenn ich gefangen werde, ist mein Nachfolger schon da draussen.» Wenn Drogenbosse gefangen werden, würden sie schnell ersetzt. Auch etliche Experten würden übereinstimmend sagen: Das ändert nichts an Fentanylschmuggel und Co.