Worum geht es? Seit Jahrzehnten gibt es in der zum Staat Spanien gehörenden Region Katalonien Unabhängigkeitsbestrebungen.
Unabhängigkeitsreferendum vom 1.10.2017: Diese Abstimmung führte zu einer Verfassungskrise, zur Ausrufung einer unabhängigen Republik und zur Entmachtung der katalanischen Regionalregierung durch die spanische Regierung. Neuwahlen der Regionalregierung erfolgten im Dezember 2017.
Inzwischen sind die Rahmenbedingungen anders: In Spanien ist mit Pedro Sanchez von den Sozialisten ein neuer Ministerpräsident an der Macht und Katalonien hat mit Quim Torra neuen Regionalpräsidenten. Das habe zwar die grundsätzliche Lage nicht verändert, aber «man redet zumindest jetzt wieder miteinander», sagt Julia Macher, Journalistin in Spanien.
Erneutes Referendum: Sanchez hat der Region eine neuerliche Abstimmung versprochen. Allerdings soll nicht über die Unabhängigkeit abgestimmt werden, sondern nur über ein neues Autonomiestatut. Dieses Angebot könne aber nur die sehr gemässigten Unabhängigkeitsbefürworter zufriedenstellen, sagt die Journalistin.
«Legitimes Mandat»: Für den harten Kern der Separatisten ist die Unabhängigkeitsabstimmung vom 1. Oktober 2017 ein Mandat. «Sie pochen weiter auf einen unabhängigen Staat.» Doch auch das scheine in erster Linie Rhetorik zu sein, sagt Macher. Es gebe keine Anzeichen, dass man den verfassungsrechtlichen Ungehorsam vom letzten Jahr wiederholen wolle.
Die Rolle von Carles Puigdemont: Der ehemalige Regionalpräsident war eine der treibenden Kräfte hinter den Unabhängigkeitsbemühungen der Katalanen. Er ist – anders als andere Regionalpolitiker, die in Haft sind – in Belgien im Exil. Für einige sei er immer noch das Symbol der Unabhängigkeit und der amtierende Regionalpräsident Quim Torra spreche sich mit Puigdemont ab, sagt Macher.
Keine Strategie: Puigdemont werde ein Jahr nach der Unabhängigkeitsabstimmung vorgeworfen, er habe keinen realisierbaren Plan gehabt. Er habe amateurhaft und impulsiv gehandelt. «Doch auch der neue Regionalpräsident hat keine richtige Strategie», sagt Macher. Ein Fahrplan fehle nicht nur, was die Unabhängigkeit angehe, sondern auch in anderen Punkten des Regierungsprogramms.
Die Wirtschaft und die katalanische Unabhängigkeit: Man wisse nicht, ob es an dem Attentat oder an den Unabhängigkeitsbestrebungen liege, aber die Zahl der Touristen in Katalonien sei zurückgegangen, sagt Macher. Ansonsten lassen sich die Folgen in Zahlen kaum messen, obwohl viele Firmen ihre Hauptsitze verlegt haben. Sie hätten aber nur ihren Sitz verlegt, nicht die Produktion. Auf das katalanische Bruttoinlandsprodukt haben die Umzüge deshalb keinen grossen Einfluss, so Macher. «Sämtliche Grossunternehmen haben aber klargemacht, dass für sie ein Verbleib in der EU unabdingbar sei.» Das heisst, keine Unabhängigkeit von Spanienö.
Anklage wegen Rebellion: Wie die Prozesse gegen die inhaftierten Regionalpolitiker von Spanien angegangen werden, werde sich entscheidend auf das weitere Verhältnis zwischen Spanien und Katalonien auswirken, sagt Macher. Die Prozesse werden Anfang des neuen Jahres beginnen. Mit einem Urteil sei nicht vor dem Sommer zu rechnen.