Der heutige Tag ist ein Sieg für Julian Assange, der stark unter der jahrelangen Isolation und den jetzigen Haftbedingungen leidet. Die Richterin stellte Menschlichkeit und den psychischen Gesundheitszustand von Assange in den Fokus. Sie sagte, es bestehe das beträchtliche Risiko, dass Assange sich im Gefängnis in den USA das Leben nehmen könnte.
Zurzeit ist er im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh inhaftiert, dort verbüssen Schwerverbrecher und Terroristen ihre Haft. Assange wurde hingegen «nur» festgenommen, weil er gegen Kautionsauflagen verstossen hatte. Das Gefängnis und die Haftbedingungen wurden wiederholt kritisiert, der UNO-Sonderberichterstatter für Folter, Nils Melzer, sprach von psychischer Folter. Am Mittwoch soll entschieden werden, ob Assange unter Kaution freikommt.
Assange in einer Zwitterrolle
Kein Sieg ist das heutige Urteil für jene, für die Assange ein Verfechter der Pressefreiheit ist. Denn die Richterin erklärte, sie haben wenig Verständnis für die Ansicht, Assanges Tätigkeiten gänzlich dem Journalismus zuzuordnen. Assange sei mit seinen Aktivitäten viel weiter gegangen. Entsprechend könne sie nachvollziehen, dass die USA ihn anklagen.
Es wird erwartet, dass die amerikanischen Anwälte Berufung gegen das Urteil einlegen werden. Der Fall könnte sich noch Jahre hinziehen. Und so lange wird auch weiterhin ungeklärt bleiben, wie Assanges Engagement einzuordnen ist.
Er war Enthüllungsaktivist, sein Handeln passt nicht in alte Schubladen wie «Journalismus» oder «Spionage». Er war in einer Zwitterrolle, die erst das digitale Zeitalter ermöglicht hat. Er war Hacker, er war Herausgeber, seine Arbeit beinhaltete journalistische Aspekte, aber gleichzeitig war er auch Aktivist und nannte Wikileaks «den Geheimdienst des Volkes». Genau das fordert die Justiz heraus, denn die Gesetze, nach denen er jetzt angeklagt ist, stammen aus der Zeit vor der Digitalisierung. Eine Klärung dieser Frage ist überfällig und wird nun wohl eine der höheren Instanzen angehen müssen.