Jerry Greenberg meint es als Scherz. Aber als Scherz mit einer Botschaft: «Als Jugendliche ging Ketanji Brown Jackson mit meinem Bruder auf die Highschool-Abschlussfeier. Wer sich solcherart meines Bruders erbarmt, muss ein grosses Herz haben.» Das Sticheln gegen seinen älteren Bruder und dessen damalige Liaison meint Greenberg durchaus als Kompliment für Ketanji Brown Jackson.
Wir sitzen in seinem Haus in Pinecrest, einem Vorort von Miami. Greenberg kennt Brown Jackson seit der Highschool, als sie zusammen im Debattier-Klub an Rhetorik feilten. Er traf sie später als Praktikant in erfolgreichen Anwaltskanzleien und noch später auf Konferenzen, als sie längst ein aufstrebender Star und er ein erfolgreicher Anwalt war.
«Sie ist ein solch integrer und gutherziger Mensch. Jemand wie sie tut nicht nur dem Obersten Gerichtshof, sondern dem ganzen Land gut», lobt Greenberg.
Als Präsident Biden seine Nomination von Brown Jackson verkündete, sagte er: «Viel zu lange haben unsere Regierung und unsere Gerichte nicht wirklich ausgesehen wie die Vereinigten Staaten. Es ist Zeit, dass wir einen Obersten Gerichtshof haben, der die vollen Talente und die Grösse unserer Nation widerspiegelt.»
Viel zu lange haben unsere Regierung und unsere Gerichte nicht wirklich ausgesehen wie die Vereinigten Staaten.
Biden hatte im Wahlkampf versprochen, als erster Präsident eine Afroamerikanerin für den Obersten Gerichtshof zu nominieren. Nun hat er sein Wahlkampfversprechen erfüllt.
Brown Jacksons Hintergrund ist so vielfältig wie schillernd. Sie kam in Washington zur Welt, zog als Kind mit ihrer Familie nach Miami und studierte in Harvard. Ihre Eltern arbeiteten an öffentlichen Schulen. Ihr jüngerer Bruder wurde Drogenfahnder. Einer ihrer Onkel war Polizeichef, ein anderer Onkel wurde wegen Drogenbesitzes zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt, später jedoch begnadigt.
Harscher Gegenwind
Brown Jackson arbeitete zu Beginn ihrer Laufbahn als Pflichtverteidigerin in Washington und vertrat dabei Angeklagte, die sich keine eigenen Verteidiger leisten konnten. Auch Insassen von Guantanamo verteidigte sie. Genau dies werfen ihr nun republikanische Senatoren vor.
Er wolle genau wissen, welche Art von Kriminellen sie damals verteidigt habe, tönte Josh Hawley – ein Senator, der Ex-Präsident Donald Trump nahe steht – vor den Hearings, die diese Woche begonnen haben. Zudem soll sie als Mitglied einer «Strafmass-Kommission» zu milden Urteilen in Kinderpornografie-Fällen zugestimmt haben.
Das «Republican National Commitee», subsumierte die Vorwürfe, die sich Brown Jackson in den Hearings anhören müssen wird, in einer Mail an Journalisten: «Verständnisvoll gegenüber Terroristen und Pädophilen?» Dabei hatte so mancher Republikaner zuvor noch versprochen, in den Anhörungen «fair» und «respektvoll» vorgehen zu wollen.
Eine historische Nomination
Doch es geht um den Obersten Gerichtshof. Im gegenwärtigen politischen Klima in den USA ist es sehr wohl zu erwarten, dass die Kontrahenten «die Samthandschuhe fallen lassen werden», wie das Magazin «Politico» schreibt.
Schwarze Frauen werden in diesem Land permanent übersehen.
Auch wenn die Bestätigung von Brown Jackson das ideologische Gleichgewicht des Gerichts nicht verändern wird, ihre Nomination am vergangenen 25. Februar war bereits so historisch, wie es ihre erwartete Bestätigung sein wird: «Schwarze Frauen werden in diesem Land permanent übersehen», schimpft Juaniece Rainey. Sie ist Afroamerikanerin wie Brown Jackson und studiert Rechtswissenschaften. «Eine schwarze Frau am Obersten Gerichtshof zu haben, würde sicherstellen, dass alle fair behandelt werden und nicht nur Weisse.»