Es war am 9. April 2019 als Donald Trump in London zum Staatsbesuch empfangen wurde. Noch bevor «Air Force One» überhaupt britischen Boden berührt hatte, setzte der damalige US-Präsident einen Tweet ab: «Sadiq Khan ist der schlechteste Bürgermeister der Welt. Ein totaler Verlierer.»
Einige Wochen zuvor hatte Khan Trump kritisiert, weil dieser keine Muslime mehr in die USA einwandern lassen wollte. Khan parierte den Schlag gelassen. Er habe keine Lust, auf die kindischen Äusserungen zu reagieren.
Metropole mit zahlreichen Problemen
Der 53-jährige, graumelierte Mann weiss, wie man Schläge einsteckt. Khan war in seiner Jugend Boxer. Nicht weil es gesund sei, sondern, um zu überleben, erzählt ein alter Studienkollege von Khan: «Der Mann ist furchtlos und nimmt jeden Kampf auf. Das hat mit seiner Herkunft zu tun. Sadiq ist der Sohn eines pakistanischen Busfahrers. Aufgewachsen im Süden von London. Dort musst du entweder kämpfen können oder eloquent sein.»
Sadiq trat im Alter von 15 Jahren der Labour-Partei bei. Er wurde Anwalt, Parlamentarier, kurzzeitig Minister und löste 2016 Boris Johnson als Bürgermeister von London ab. Keine einfache Aufgabe. London ist eine Metropole. Fast neun Millionen Menschen. 300 Sprachen und fast so viele Probleme: Armut, Obdachlosigkeit und Jugendkriminalität sind nur einige davon. Jedes Jahr kommt es in London zu über 10'000 Messerstechereien.
Gelegentlich wird Khan vorgeworfen, sich nach dem Wind zu drehen. Nicht ganz zu Unrecht. Beim Ausbau des Flughafens Heathrow war er lange sowohl dafür wie dagegen. Stur blieb er dagegen mit seiner Luftreinhalte-Politik. Alte Motorfahrzeuge dürfen London nur noch gegen eine Umweltabgabe befahren. Das löste einen wahren Proteststurm aus. Überwachungskameras werden bis heute von Vandalen zerstört.
Kritik wegen pro-palästinensischen Demonstrationen
In der britischen Medienlandschaft wird mit harten Bandagen gekämpft, doch richtig grob wurden die Angriffe auf Khan, als die ersten Schockwellen aus dem Nahen Osten London erreichten.
Seit dem Beginn des Kriegs in Gaza wird die Metropole regelmässig von pro-palästinensischen Demonstrationen in Beschlag genommen. Für rechtskonservative Kreise ein weiteres Indiz, dass Khan seine Stadt nicht im Griff hat. Der damalige stellvertretende Vorsitzende der Konservativen Partei Lee Anderson warf Khan vor, fest am Gängelband von seinen islamistischen Kumpels zu sein.
Bestbewachter Politiker im Land neben dem Premier
In den sozialen Medien ist zu lesen, Khan wolle die weisse Bevölkerung Londons mit Migranten und Musliminnen ersetzen. Es sei unglaublich, wie der Nonsens und Hass zugenommen habe, sagte er kürzlich vor Medienschaffenden.
Der Bürgermeister mit pakistanischen Wurzeln ist längst Projektionsfläche von Rassisten und Verschwörungstheoretikern aller Art geworden. Khan nimmt die Angriffe äusserlich gelassen. Doch mittlerweile ist er, neben dem Premierminister, der bestbewachte Politiker im Land. In dem Sinn ist die Tonalität dieser Bürgermeisterwahl durchaus ein Vorgeschmack, was in Grossbritannien in diesem Wahljahr noch alles kommen könnte.